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Alexander Prinz: „Was du im Web sagst, sollte ehrlich und authentisch sein“

von Denis Heuring

Alexander Prinz sagt, was er denkt – vor allem auf seinen beiden YouTube-Kanälen Der Dunkle Parabelritter und Alexander Prinz. Dort hat er sich mit seinen Musikkritiken nicht nur Freunde gemacht. Im Interview spricht der 26-Jährige über Authentizität im Netz, die Tücken digitaler Identitäten und medienpädagogische Herausforderungen.  

Alexander, am 8. März 2020 eröffnest du die Chiemgauer Medienwochen. Worüber sprichst du in deiner Keynote?

Alexander Prinz: Ich möchte darüber sprechen, vor welchen Herausforderungen die Generation steht, die mit dem Internet groß geworden ist. Diese Generation befindet sich in einem Zwiespalt zwischen digitaler und analoger Welt. Da wir uns in beiden Welten bewegen, haben wir auch in beiden Welten eine Identität, die sich gegenseitig beeinflusst. Durch die andauernde Lockdownerfahrung wird die Jugend immer weiter in die digitale Sphäre getrieben. Das wird massive Auswirkungen auf diese Generation haben, die bereits vor dieser Krise einen ganz neuen Weg der Identitätsbildung gegangen ist. Diese hat bisher nur in der physischen Welt stattgefunden. Aus diesem Zwiespalt ergeben sich pädagogische, soziale und medienwissenschaftliche Fragestellungen, um die es in meiner Keynote gehen soll. Zumindest so weit, wie wir es überhaupt schon ermessen können – denn wir sind gerade live dabei, diese Verwerfung zu beobachten.

Wie genau hat sich die Identitätsbildung durch die Digitalisierung verändert?

Alexander: Das Internet ist die gelebte Globalisierung. Jeden Tag sind wir mit einer Vielzahl an Positionen, Meinungen, Bewegungen und Vorbildern aus der ganzen Welt konfrontiert. Das Überangebot an Möglichkeiten sorgt für Unsicherheit auf Seiten der Jugendlichen. Sie verschärft den Drang danach, sich einzuordnen und zu definieren. 

Es geht um die Frage, wo man hingehört, an was man glauben soll, an was man sich orientiert. Die digitale Welt und die damit einhergehende Bandbreite an Informationen hat die Identitätsbildung nicht leichter gemacht, auch wenn sie gleichzeitig viele neue Optionen dafür bietet, seinen Weg zu finden. 

Welchen Einfluss hat die digitale Selbstdarstellung auf das Leben der Jugendlichen?

Alexander: Das Phänomen Digitalisierung bedeutet viel für den sozialen Status im physischen Raum, zum Beispiel im Klassenzimmer. Die Jugendlichen verfolgen das Leben ihrer Peer-Group nicht nur analog, sondern auch digital. Die Darstellung im Netz muss deshalb nachhaltig sein: Alles, was im Netz getan oder gesagt wird, bleibt. Das Netz ist ein ewig bestehender Informationsquell. 

Wer sich politisch äußert, im Bereich Hacking aktiv ist oder Cybermobbing betreibt, muss kurz- oder langfristig damit rechnen, dass diese Dinge auf ihn oder sie zurückfallen. Das Netz vergisst nichts. Es ist für die meisten Menschen normal, viel im Internet preiszugeben. Das ist es aber nicht.

Das Netz ist ein ewig bestehender Informationsquell.

Alexander Prinz

Du selbst bist in der digitalen Welt zuhause, unter anderem auf deinen YouTube-Kanälen. Welchen Einfluss hat dein Leben im Web auf deine Persönlichkeit?

Alexander: Mein Wirken als Medienschaffender hat viel dazu beigetragen, dass ich die Person bin, die ich bin. Die Erfahrungen im digitalen Raum haben mich im physischen Raum geformt: Ich trete selbstbewusster auf, fühle mich sprachgewandter und gehe souveräner mit Herausforderungen um. Das heißt: Die Erlebnisse in der digitalen Welt wirken sich auf die physische Welt aus – zum positiven aber manchmal auch zum negativen. 

Hattest du schon mal Probleme im Internet? Gab es kritische Stimmen oder gar Anfeindungen?

Alexander: Mein Weg in der digitalen Welt war sicher nicht der einfachste. Ich bin in der Musikszene unterwegs, vor allem im Heavy Metal. Einige Metal-Fans waren nicht so erfreut darüber, dass ich bei meinen Musik- und Albumkritiken das gesagt habe, was ich denke. Da habe ich mich mit einigen Leuten angelegt. Ich hätte aber nie etwas anderes gewollt. 

Ich hätte nie eine Kritik zurückgehalten aus Angst, die Follower eines reichweitenstarken Künstlers zu vergraulen. Was bringt Reichweite, wenn du am Ende des Tages den Followern nach dem Mund redest und nicht das sagen darfst, was du denkst. Ich habe mir da zwar einige Türen verschlossen, aber ich würde es immer wieder so machen. 

Die Erlebnisse in der digitalen Welt wirken sich auf die physische Welt aus – zum positiven aber manchmal auch zum negativen.

Alexander Prinz

Ist das dein digitales Credo: Sag, was du denkst?

Alexander: Was du sagst, muss ehrlich und authentisch sein. Das heißt aber nicht, dass es unüberlegt sein soll. Es gibt im Grunde zwei Konzepte, sich als Medienschaffender im Netz zu bewegen: Entweder man faked alles und macht einen auf Friede, Freude, Eierkuchen. Oder man sagt, was man denkt und ist authentisch. Auch so gewinnt man Follower.

Was rätst du Eltern und Lehrkräften mit Blick auf die digital natives?

Alexander: Die aktuelle Schülergeneration ist bereits vor der Krise weit entfernt von unserem Alltag. Das mag seltsam klingen, aber die wenigsten können die Räume in denen sie sich bewegen und die Sprache die sie nutzen – die Art weltweit zu connecten – überhaupt noch nachvollziehen – geschweige denn verstehen. Aber nur, weil man sie nicht versteht sollte man nicht versuchen, sie als Spielerei oder Mode abzutun. Einer vitalen Discord Community anzugehören ist keine Spielerei mehr, sondern Dank Corona eine der wenigen Möglichkeiten geworden, nicht zu vereinsamen und Anschluss zu gleichaltrigen zu behalten.

Was können Eltern und Lehrkräfte dann überhaupt noch tun, um den Anschluss nicht zu verlieren?

Alexander: Eltern und Pädagogen müssen sich dazu motivieren, sich für das Kind und dessen mediale Lebensrealität zu interessieren. Das ist nichts punktuelles, sondern ein Prozess, den man nicht verpassen darf. 

Dennoch ist es meines Erachtens noch viel wichtiger, dass Kinder und Jugendliche die grundlegenden Werte beigebracht bekommen. Das ist vor allem die Aufgabe der Eltern. Haben die Jugendliche Werte mit auf den Weg bekommen, werden sie sich automatisch vernünftiger im Internet bewegen. Medienkritisches Verhalten kann also auch dann von Eltern gefördert werden, die keine Medienexperten sind. 

Und was ist die medienpädagogische Aufgabe der Schule?

Alexander: Die Schule hat wiederum die Aufgabe, Wissen, Methoden und Fertigkeiten in Bezug auf den Umgang mit Medien zu vermitteln. Da wäre es vorteilhaft, wenn sich die Lehrer:innen schon in der Ausbildung intensiver mit Medienkompetenz beschäftigen würden. Da herrscht meines Erachtens viel Nachholbedarf. 

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