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Big Data und KI: Auswirkungen auf die Medienbranche

Deepfakes, Natural Language Processing und Open Source Intelligence: drei Teilbereiche von KI, die auf die Medienbranche große Auswirkungen haben werden. Wie dieser Einfluss aussieht, diskutierten am 2. April 2020 Expertinnen beim ersten virtuellen Media Date zum Thema „How is data shaping the media industry?“. Mit dabei waren Dr. Marina Arvanitidou vom Institut für Rundfunktechnik und Britta Daffner von IBM. Das Event wurde vom MedienNetzwerk Bayern in Kooperation mit Women in Big Data veranstaltet.

„Die Technologie beziehungsweise die Basis von KI ist nichts Neues. Das gibt es bereits seit 70 Jahren“, so Marina Arvanitidou, Lead R&D Engineer Artificial Intelligence beim Institut für Rundfunktechnik. Was dagegen neu sei: Heute hat quasi jeder einen „Supercomputer“ zuhause oder in der Hosentasche und nutzt KI permanent. Welche Bedeutung aber hat diese Alltäglichkeit und permanente Weiterentwicklung von KI für die Medienbranche? In ihrem Vortrag „Jüngste Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und Herausforderungen in der Medienbranche“ hat Arvanitidou vor allem drei Schwerpunkte identifiziert:

Deepfakes

Deepfakes sind realistisch wirkende Medieninhalte, die jedoch durch KI verfälscht und manipuliert wurden. Dabei wird etwas, das eine Person sagt oder tut, sehr authentisch durch eine andere Person dargestellt. Ein prominentes Beispiel von 2018 ist der Obama Deepfake: Hier wurde die Mimik des US-Schauspielers und Regisseurs Jordan Peele auf die Gesichtszüge von Barack Obama übertragen:

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Hinter Deepfakes steht die Technologie der Generative Adversarial Networks (GANs). Diese Algorithmen können ein bestimmtes Bild in ein anderes übersetzen (sogenannter „style transfer“), wie im Screenshot am Beispiel Zebra und Pferd zu sehen ist:

Algorithmen können ein bestimmtes Bild in ein anderes übersetzen (sogenannter „style transfer“), zum Beispiel das Bild eines Zebras in das Bild eines Pferds.
Quelle: JY Zhuet al. „Unpaired Image-to-Image Translation using Cycle-Consistent Adversarial Networks“, IEEE ICCV 2017”

GANs erschaffen aber genauso auch synthetische Gesichter, die täuschend echt aussehen. Für Arvanitidou sind Deepfakes nur die Spitze des Eisbergs. In Bezug auf die Medienbranche sieht sie vor allem folgende Herausforderungen:

  • Deepfakes werden nur schwer erkannt (derzeit weniger als 40 Prozent).
  • Sie sind vor allem auf Social Media-Plattformen ein großes Problem (Fakeprofile, die unter anderem auch zu politischen Zwecken missbraucht werden).
  • Deepfakes nehmen stark zu, da sie leicht selbst erstellt oder einfach gekauft werden können.

Arvanitidou schlägt daher vor: mehr Investition in die Erkennung von Deepfakes, schärfere Regeln und Guidelines auf den Plattformen und Sensibilisierung von Journalist*innen.

Natural Language Processing

Dank Natural Language Processing (NLP) ist es möglich, mit seinem Smartphone zu sprechen, Antworten zu erhalten und zum Teil sogar, das Gesprochene in eine andere Sprache übersetzen zu lassen. Das alles funktioniert, da die Algorithmen dahinter den Sinn menschlicher Sprache erfassen können. Für viele Medienhäuser ist das ein vielversprechendes Tool – ob zur Produktion von automatischem Content, zur Erkennung von Hate Speech oder zur Übertragung von gesprochener in geschriebene Sprache.

Open Source Intelligence

Als letzten relevanten Punkt für die Medienbranche nannte Arvanitidou die Open Source Intelligence zur Verifizierung von Inhalten. Mithilfe unterschiedlichster Datensätze – von Social Media-Posts über Satelliten- bis hin zu Tonaufnahmen – können Investigativjournalist*innen die Echtheit von Online-Inhalten prüfen und besser nachvollziehen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort passiert ist. So kursiert im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ein Video im Netz, das den angeblichen Ansturm einer Menschenmenge auf einen Aldi-Supermarkt zeigt:

Videos in einen falschen Kontext zu setzen, ist keine Seltenheit im Netz.
Videos in einen falschen Kontext zu setzen, ist keine Seltenheit im Netz.

Nach genauerer Überprüfung anhand verschiedenster Datenquellen stellte sich aber heraus: Das Video zeigt nicht wie angegeben einen Aldi-Supermarkt in den Niederlanden, sondern einen in Kiel. Zudem muss das Video älter sein, da Aldi in der Zwischenzeit sein Markenlogo erneuert hat. Die Aufklärung: Das Video stammt aus dem Jahr 2011, als Aldi eine Sonderaktion hatte – und hat absolut nichts mit Corona zu tun.

Für die Medienbranche ergeben sich daraus drei Learnings:

  • KI wird die Medienbranche weiter verändern – im Sinne von Chancen, aber auch Herausforderungen.
  • Seriöse Berichterstattung erlangt einen immer höheren Stellenwert.
  • Desinformation und Fake News müssen noch stärker bekämpft werden.

Im zweiten Teil unseres Media Date gab es Input durch unseren Kooperationspartner Women in Big Data: Britta Daffner, Abteilungsleiterin im Bereich Artificial Intelligence (AI) & Data in der Beratungssparte von IBM, sprach über politische Strukturen in Medienunternehmen.

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