Das spricht für Medien im Spielmodus
von Petra Schwegler, 12. Dezember 2024
Das Zusammenspiel von Games und Medien kann beide Seiten beflügeln. Das Spielerische nimmt Menschen ein. Für die Videospiel-Branche ist die Beliebtheit vieler Medienangebote ein willkommenes Vehikel, um Teil des Mainstreams zu werden. Dass auch spannende Geschäftsmodelle herauskommen können, wenn Medien in den Spielmodus schalten, ist bei dem Media Date „Games & Medien: Spielerisch zu mehr Innovation“ im MedienNetzwerk Bayern deutlich geworden.
Mit welcher Macht haben wir es eigentlich zu tun, wenn wir über die Games-Branche sprechen? Das machte Beck Niederländer, Producer & Office Lead bei Jumpy Bit, zum Auftakt der Veranstaltung deutlich: Im vergangenen Jahr machte der Industriezweig „mehr Umsatz als alle Film-Streamingdienste, Kino und Musik ohne Events zusammen“. Die Fans sind zu nahezu gleichen Teilen weiblich wie männlich und im Schnitt 38,2 Jahre alt. Mit dem Vorurteil, Gamer:innen seien jung und männlich, konnte Beck Niederländer beim Thema Erlöse endgültig aufräumen: Frauen zwischen 40 und 50 Jahren stehen demnach im Ranking ganz oben, wenn es ums Geld-Ausgeben für In-Game-Käufe geht.
Gerne wegen potenzieller Suchtgefahr in der Kritik, haben Games viel Positives zu bieten: Systeme, die in den virtuellen Welten geschaffen werden, können von Meinungen überzeugen. Spiele bieten einen sicheren Raum, um neue Erfahrungen zu machen. So verwies Beck Niederländer auf das Game SPENT, das im Auftrag von US-Behörden programmiert wurde, damit sich Menschen in der Theorie mit einem Leben in Armut auseinandersetzen können.
Community-Gedanke
Bestechend für Medien und ihrer Suche nach neuen und treuen Zielgruppen dürfte sein, wie es die Game-Industrie schafft, Fans eng an sich zu binden. Der „Fokus auf Communities“, wie Beck Niederländer in einem Impulsvortrag beim Media Date ausführte, sei eine Grundvoraussetzung beim Programmieren der Figuren. Von Anfang an würden viele Gamedesign-Studios immer wieder Einblicke in den Fortgang des neuen Spiels geben, Vorschläge der Fans integrieren, den Austausch mit ihnen über Foren wie Kickstarter, Twitch oder Discord suchen. Mit den Vorteilen, dass die potenziellen Käufer:innen schon vor Marktstart festgelegt sind und sich der Firma hinter dem neuen Game verbunden fühlen. Wichtig: „Mitwirkende werden zu Multiplikatoren“, so Beck Niederländer. Ein Warnhinweis fiel auch: Zu viel versprechen sollten Entwickler:innen nicht, denn übersteigerte Erwartungen führen bei den Communities schon mal schnell zur Produktenttäuschung.
Radio & Games – it’s a match
Einer, der von den Vorzügen der Massenbewegung Gaming nicht mehr überzeugt werden muss, ist Alexander Kind. Der Geschäftsführer der Radiomarke STAR FM hat mit Erfolg Spielerisches in die STAR FM MAXIMUM ROCK App integriert, die das Network mit DAB+ Programmen in acht Bundesländern und die UKW-Standorte in Berlin und Nürnberg ergänzt. Kind ist einer, der nicht das „ganz große Spiel des Radios in der Entertainmentbranche“ in Frage stellt, wenn es darum geht, jeden Tag Menschen zu begeistern. Ihn treibt um, dass mit dem Altern des klassischen Hörpublikums die lange gefestigte Symbiose aus Autofahren und Radiohören ein Ende nimmt. Der STAR-FM-Chef zeichnete beim Event nach, was ihn für die Zukunft seines Networks umtrieb: „Was kann man tun, um User länger bei der Marke zu halten? Bei unserem Rockradio kamen Games schnell in Frage. Denn klar ist: Wir müssen mit unseren Medien dorthin, wo die Menschen sind.“
Der Deal Games und Medien, den Konsole Labs auf technischer Seite begleitet, sieht bei STAR FM folgendermaßen aus: Spiele werden seit Oktober in die STAR FM MAXIMUM ROCK App integriert. Damit werden Nutzer:innen nun länger gebunden, die Anwendung an sich hat ein attraktives Feature mehr zu bieten. Zum Ausprobieren sind in der App Indie-Spiele und Demo-Levels hinterlegt, während der Radio-Stream weiterläuft. Hinzu kommen Wettbewerbe, Highscore-Listen und Podcasts, die die Games zum Thema machen. Seit Start habe sich die Verweildauer in der App um 22 Prozent erhöht, die Absprungrate sei deutlich gesunken, konnte Kind beim Media Date als Bilanz ziehen. 75 Prozent der Spielenden würden über ihr Smartphone in die STAR-FM-App einsteigen. „Wir haben durchweg positive Erfahrungen gemacht, dabei nur wenig investiert“, verriet der Radiomacher. Auch die „andere“ Seite profitiert ihm zufolge: Der Kölner Game-Entwickler bekommt viele Daten aus der erweiterten Testzielgruppe und kann so Spieleerlebnisse nach Fan-Wunsch umformen. Alexander Kind plant derweil schon weiter: „Ich hoffe, dass wir eine größere Plattform werden, eventuell auch mit anderen zusammen.“
Radio kann viel lernen im Umgang mit Usern. So fragt die Games-Branche immer zu Beginn die User, was sie mögen – das macht Radio nicht.
Alexander Kind, STAR FM
New Marriages auf dem Vormarsch
Spielerische Elemente führen zu mehr Engagement und zu mehr Reichweite der Medienangebote, wenn ein größeres Publikum länger gebunden werden kann. So können letztlich auch Erlöse aus Werbung oder Abo-Gebühren gesteigert werden. Weitere spannende Aspekte für die Liaison aus Games und Medien lieferte Caroline Flesch beim Media Date. Die Esports-Expertin wirkt beim Startup BlueBottle als Senior Business Developer. Sie berichtete beim Event: „Gerade im Sponsoringbereich findet schon viel Überschneidung zwischen Games und Medien statt, weil Marken erkannt haben, wo ihre Zielgruppe sitzen.“
BlueBottle hat sich zum Ziel gesetzt, durch das transparente Offenlegen von komplexen Spieldaten den Fans die Welt des Esports besser zugänglich zu machen. Caroline Flesch weiß daher sehr genau, dass „es noch viele Berührungspunkte gibt, die man nicht sieht“. Noch herrschen aus ihrer Sicht Schranken in den Köpfen und Klischees vor. Sie wünscht sich „viel Austausch“, damit an der Schnittstelle zwischen Games und Medien das große Potenzial aus einem Zusammenwirken zum Tragen kommen kann. Flesch: „Das macht Netflix mit der Serie Arcane erfolgreich vor, die zusammen mit Riot Games entwickelt wurde“, so Caroline Flesch. Überhaupt: „Am besten versteht es das Team von Riot Games, Spiele zu entwickeln, um damit rüberzugehen zu Radio oder auch TV. Sie sind auf allen Wegen präsent.“ So gewann Riot Games die Rockband Linkin Park für die offizielle Hymne der League of Legends-Weltmeisterschaft 2024.
Es können interaktive Geschichten erzählt und ganze Welten erschaffen werden.
Caroline Flesch, BlueBottle
Mehr Motivation durch Gamification
Dass erfahrene Game-Expert:innen im Gespräch mit Medienhäusern durchaus auf taube Ohren treffen – das weiß Beck Niederländer aus eigener Erfahrung. Ein Treffen mit TV-Verantwortlichen, um gemeinsam Spielerisches für junge Zuschauer:innen zu entwickeln, verlief im Sande. Umso wichtiger, hier am Ball zu bleiben, meinte Beck Niederländer: „Die Sichtweise mag oft noch nicht stimmen, aber TV-Macher kennen ihr Publikum. Sich mit ihnen auszutauschen ist ganz wichtig!“
Es spricht ergo viel für Medien im Spielmodus. Einen Tipp hatte die Diskussionsrunde, die Anja Krendlinger, Junior Projectmanagerin bei Games/Bavaria moderierte, für alle Unternehmen zur Hand. Stichwort „Gamification“: Spielerisches und Wettbewerbe können Menschen ungemein motivieren. Beck Niederländer verwies auf speziell entwickelte Games für Firmen, die für Trainings genutzt werden. Auch wenn es nur die Preisvergabe für die schnellste Reisekostenabrechnung sei: „Das Score-Prinzip unter Mitarbeitenden motiviert tatsächlich!“