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Media Insights: Generative KI verändert den Markt – Was die Medienbranche jetzt schon lernen kann

Generative KI: Freund oder Feind des Medienmarktes?

von Pauline Herrle, 15. April 2024

Anfang April richtete die Artist Rights Alliance (ARA), eine gemeinnützige Interessenvertretung, der sich über 200 bekannte Künstler:innen wie Billie Eilish oder Jon Bon Jovi angeschlossen haben, einen offenen Brief an KI-Entwickler:innen und Technologieplattformen. In diesem Brief riefen die Unterzeichner:innen dazu auf, den Einsatz von künstlicher Intelligenz so zu gestalten, dass die Rechte der Künstler:innen nicht verletzt werden. Auch im gesamten Medienmarkt zeichnen sich bereits die ersten Folgen der Nutzung von generativer KI ab. Mit der Studie „KI und Musik“ hat die GEMA Zahlen vorgelegt, die diese Veränderungen in der Musikbranche visualisieren. Gemeinsam mit dem Ersteller der Studie, Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer GOLDMEDIA, Michael Duderstädt, Direktor Politischer Kommunikation der GEMA, sowie Katharina Uppenbrink, Geschäftsführerin der Initiative Urheberrecht, haben wir in unserem Media Insights darüber gesprochen, wie die Musikindustrie den Herausforderungen begegnet und was die Medienbranche davon lernen kann. 

„Innerhalb der vergangenen zwei Jahren wurden zahlreiche KI-Tools vorgestellt, die Kompositionen im Sekundentakt produzieren können”, sagt Klaus Goldhammer. Das Problem: Für ihr Training wurden Musikstücke und Daten aus dem Internet verwendet – ohne Rücksicht auf Urheberrechte. Welche Folgen das für die Musikindustrie hat, untersuchte GOLDMEDIA in ihrer Studie zur derzeitigen Situation in Deutschland und Frankreich. Dazu befragten sie rund 15.000 Mitglieder der GEMA. 63 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass KI eine Hilfe im kreativen Schaffensprozess sein kann. 

„Die Geschwindigkeit, mit der sich KI durchsetzt und auf Augenhöhe mitmischen kann, ist atemberaubend.”

Prof. Dr. Klaus Goldhammer, GOLDMEDIA

Generative KI beunruhigt die Musikindustrie

Gleichzeitig sorgen sie sich um die damit verbundenen Probleme und Risiken. „Und diese Sorgen sind nicht unbegründet“, so Goldhammer. Im Jahr 2023 habe die Musikindustrie auf dem globalen Markt einen Umsatz von 3,7 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Der Anteil von KI am Umsatz: eher gering. „Unsere Prognose für das Jahr 2028 zeigt allerdings Erschreckendes“, eröffnet Goldhammer. Denn: Was im vergangenen Jahr noch 300 Millionen Dollar Umsatz für KI-Unternehmen entsprach, soll in vier Jahren bereits das Zehnfache sein. „Damit würden den Autoren und Komponisten 27 Prozent des Gesamterlöses fehlen“, erklärt Goldhammer. Dies spiegelt sich auch in der Gefühlslage der Autor:innen und Komponist:innen wider: Gut ein Drittel der Befragten ist beunruhigt, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Aus diesem Grund fordern die Betroffenen im Hinblick auf den Einsatz von generativer KI vor allem vier Dinge: Aufmerksamkeit, Transparenz, Zustimmung und Vergütung.

„Natürlich sind Medienschaffende offen für Entwicklung, aber sie wollen am Ende nicht die Leidtragenden sein.”

Michael Duderstädt, GEMA

Magnus Gebauer, Michael Duderstädt, Katharina Uppenbrink und Klaus Goldhammer bei der Online-Veranstaltung Media Insights
Magnus Gebauer, Michael Duderstädt, Katharina Uppenbrink und Klaus Goldhammer bei der Online-Veranstaltung Media Insights | Quelle: Screenshots aus Online-Veranstaltung, eigene Darstellung

EU-weiter Regelungsbedarf für KI

Michael Duderstädt, Direktor Politischer Kommunikation der GEMA, sieht die Betroffenheit des Medienmarktes durch den Einsatz generativer KI auf vier Ebenen. Auf der persönlichen Ebene sieht er die Medienschaffenden. „Natürlich sind Medienschaffende offen für die Entwicklung, aber sie wollen am Ende nicht die Leidtragenden sein”, meint Duderstädt. Auf der gesellschaftlichen Ebene spiele die Regulierung eine wichtige Rolle. Auf europäischer Ebene sei dies mit dem AI Act erstmals diskutiert worden. Es werde aber noch lange dauern, bis explizite Regelungen getroffen werden können. Auf der Ebene der Unternehmen sei KI laut einer Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für 61 Prozent der Entscheider:innen ein Wendepunkt in ihrer Industrie. Und dann ist da noch die größte und wichtigste Personengruppe: Die Rechteinhaber:innen und -verwerter:innen. Hier sind für Michael Duderstädt vier Themenfelder und Fragen besonders wichtig:

  • Input: Darf eine KI rechtlich mit allem trainiert werden, was verfügbar ist?
  • Output: Sind von der KI generierte Inhalte auch lizenzpflichtig?
  • Schutzwürdigkeit: Ist die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine in Zukunft schutzfähig?
  • Persönlichkeitsrechte: Wo beginnt und endet das Recht an der eigenen Individualität?

„Bis wir all diese Fragen konkret beantwortet bekommen, werden wir noch mindestens drei Jahre warten müssen“, vermutet Duderstädt, der auf europaweit einheitliche Regulierungen seitens der neuen EU-Regierung hofft. Ein erster Ansatz zur Regulierung existiere bereits: das Opt-Out – eine Möglichkeit für Medienschaffende, ihre Inhalte durch juristisch korrekt formulierte Anmerkungen, beispielsweise im Impressum, zu schützen. Leider fehle es auch hier noch an einheitlichen Transparenzvorgaben, so Duderstädt.

„Der Einfluss, den KI auf den Medienmarkt hat, ist enorm.“

Katharina Uppenbrink, Initiative Urherberrecht

Ruf nach Schutz der Künstler:innen

Eine Organisation, die sich bereits für die Rechte der Medienschaffenden einsetzt, ist die Initiative Urheberrecht. „Der Einfluss, den KI auf den Medienmarkt hat, ist enorm“, meint Katharina Uppenbrink, Geschäftsführerin der Initiative. So betreffe dieses Problem vor allem Übersetzer:innen, den Buchmarkt, Synchronsprecher:innen, Schauspieler:innen sowie den Journalismus. Regulierungen seien hier dringend von Nöten. „Das ganze Ausmaß wurde den Betroffenen jedoch erst im November 2022 bewusst“, betont Uppenbrink – und solche Regulierungsmaßnahmen brauchen Zeit.

Also heißt es „abwarten”. Abwarten, welche Regeln das auf EU-Ebene neu gegründete AI Office umsetzen wird und inwiefern Medien- und Kunstschaffende dadurch den nötigen Schutz für ihre Arbeit erhalten.

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