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Netzwerkwissen „Mit dem Podcast Geld verdienen“

Genug experimentiert: Mit dem Podcast Geld verdienen

von Petra Schwegler, 25.09.2024

Podcasts sind mehr als ein Trend – sie nehmen inzwischen einen festen Platz im Audiomarkt ein. Ob Live-Events oder exklusive Deals bei großen Plattformen: Immer mehr Hörer:innen zahlen für Inhalte, während Werbungtreibende das Medium gezielt nutzen, um neue Zielgruppen zu erreichen. Es bleibt jedoch eine Herausforderung für viele, mit dem Podcasten dauerhaft Geld zu verdienen.

Bis Mitte Dezember reist ein Team von ZEIT Online mit Live-Podcast-Aufnahmen durch den deutschsprachigen Raum. Unter anderem werden die „Alles gesagt?“-Hosts Jochen Wegner und Christoph Amend in Berlin zum Finale Hape Kerkeling an ihrem Mikro begrüßen. Zu diesem Zeitpunkt werden mehr als 20.000 Menschen an den 30 Events teilgenommen haben, wie der ZEIT-Einladung zu entnehmen ist. 30 Euro kosten die Tickets jeweils. Das bringt zusätzliche Einnahmen fürs Podcasten. Die Idee gilt auch für weniger Prominente: Mittlerweile planen Eventveranstalter fest damit, dass Hörstücke gegen unterschiedlich viel Entgelt live vor Publikum aufgezeichnet werden. Doch bis es Hosts auf die Bühne schaffen, muss ihr Angebot etabliert und finanziert sein.

Die Basis: Abonnement und Werbung

Geschätzt weit über 60.000 Podcasts gibt es im deutschen Hörmarkt. Laut Online Audio Monitor 2024 ist Spotify der Platzhirsch, wenn es um den Abruf geht. Die Schweden dürfen sich „führende Podcast-Plattform in Deutschland“ nennen. Spotify erreicht 53 Prozent der monatlichen Podcast-Hörer:innen, die dafür das Streaming-Abonnement halten. Laut Saruul Krause-Jentsch, Head of Studios im deutschsprachigen Raum, führt „Gemischtes Hack” neben „Fest & Flauschig“ nicht nur weiter die deutschen Spotify-Charts an,  sondern ist laut interner Statistik der „weltweit zweitgrößte Podcast nach Hörstunden“.

Genutzte Plattformen für Podcasts & Radiosendungen zum Nachhören nach Alter
Quelle: eigene Darstellung nach dem Online-Audio-Monitor 2024 der BLM, BVDW, LFK, Landesanstalt für Medien NRW, mabb, RMS, VAUNET und mindline media

„Erfolgreich ist, wer etwas zu erzählen hat, um sich abheben zu können.“

Luisa Abraham, Zebralution Podcast

Wie können bei dem Überangebot und der Spotify-Dominanz Podcaster mithalten und Geld verdienen, die nicht Felix Lobrecht oder Tommi Schmitt heißen? Das muss niemanden abschrecken. Doch es ist eine Herausforderung: „Vom Podcasting leben zu können, ist kein einfaches Unterfangen. Es erfordert Geduld, eine signifikante Hörerschaft, finanzielle Investitionen und die Fähigkeit, sich in einem gesättigten Markt abzuheben“, fasst Luisa Abraham die Lage zusammen. Sie ist Managing Director bei Zebralution Podcast in Berlin, einem „Podcast Fullservice-Netzwerk“. Abraham begleitet Podcaster dabei, ihre Hörinhalte zu produzieren, zu verbreiten, zu bewerben und zu vermarkten. Abraham schiebt hinterher: „Wer den Podcast hauptsächlich als Einkommensquelle sieht, sollte sich bewusst sein, dass es ein langfristiger und herausfordernder Prozess ist.“

Man muss nicht zum Podcast-Establishment mit satten Exklusivverträgen bei großen Plattformen gehören, um von der Audio-Arbeit leben zu können. Es gibt eine stetig wachsende Nachfrage nach gut gemachten, journalistischen Podcasts, bevorzugt aus den Genres Nachrichten, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesundheit oder auch True Crime. User sind bereit, dafür zu zahlen oder stimmige Werbung zu akzeptieren.

Die „Crowd“ unterstützt ihre Podcasts

Die Vielfalt ist beeindruckend. Immer mehr aufwändige Produktionen und gut recherchierte Reportagen finden ihre Hörer:innen. Rechnen kann es sich für solche Produktionen und freischaffende Podcaster, wenn sie den Weg über Crowdfunding-Plattformen wie Steady oder Patreon suchen. Unterstützer:innen schließen bei diesen Dienstleistern, die unter anderem unabhängige journalistische Angebote tragen, Monats- oder Jahresabos ab. Podcaster können so langfristig planen.

Bei Steady präsent sind auch Podcasts von Susanne Klingner und Katrin Rönicke. Die Journalist:innen liefern mit ihrem Label hauseins Marken mit Tiefgang wie „Halbe Katoffl“: „Unsere Eigenproduktionen werden durch Hörer:innen und durch Werbung finanziert –  einige wie die ‚Wochendämmerung‘ komplett durch User, während wir bei anderen Podcasts auf eine Mischung setzen“, berichtet Susanne Klingner. Fans haben die Wahl: „Einige unserer Podcasts kann man bei Apple abonnieren. Dann bezahlt man und hört werbefrei.“ Daneben arbeitet das kleine Team für Auftragsproduktionen namhafter Partner wie Spiegel, WDR oder HR. Von den Erlösen profitiert das Münchner Label nicht allein. Klingner: „hauseins zahlt faire Honorare nach Tarif und ermöglicht Freien ein vernünftiges Einkommen.“

„Wenn wir nicht alles in die Vermarktung geben, sondern wirklich nur jene Podcasts, bei denen wir Werbefinanzierung als sinnvoll erachten, dann stärkt dieser Weg das Vertrauen der Hörer:innen in unser Urteil.“

Susanne Klingner, hauseins

Fürs Werbliche hat das Duo Klingner/Rönicke klare Richtlinien, Anfragen werden schon mal abgelehnt: „Werbepartner müssen zur Qualität und Ethik des Podcasts passen“, betont die hauseins-Geschäftsführerin. Ohnehin hat Susanne Klingner den Eindruck, dass für kleine und mittelgroße Produktionen, die nicht zu den großen „Laber-Podcasts“ zählen, „kaum noch Werbung“ abfalle: „Wir beobachten, dass Werbungtreibende lieber mit sehr kleinen Preisen auf eine sehr große Masse gehen.“

Zebralution-Podcast-Managerin Abraham erklärt die Entwicklung: „Eine Grundvoraussetzung, um mit Podcast-Werbung Geld zu verdienen, ist eine Mindesthörerschaft von 1000 Personen.“ Dass der „Tausend-Kontakt-Preis“ (TKP) als gängige Messlatte der Werbebranche angelegt wird, mag für ambitionierte Podcaster frustrierend sein. Zugleich belegt diese Entwicklung, dass die Gattung nun ein etabliertes Medium ist und auch allgemeine Werbeflauten zu spüren bekommt. Für Martin Liss stehen Podcaster somit vor den gleichen Herausforderungen wie Sender oder Verlage: „Es muss sich rechnen!“, meint der Audio-Unternehmer und Mitinhaber der Beratung podcast 360. Es reicht nicht mehr aus, „nur“ einen Podcast zu produzieren. Die Experimentierphase ist ergo vorbei.

„Die Hochzeitsnacht ist vorbei. Wir haben jetzt eine seriöse Beziehung.“

Martin Liss, podcast 360

Besonderes Umfeld, besondere Werbung

Der Podcast bringt mit, was Werbekunden wünschen. Das Medium ist per Smartphone stets dabei und nah am Menschen. Es erreicht Leute, die schon längst nicht mehr lineare Medienangebote nutzen. Sie sind überdurchschnittlich gebildet, einkommensstark, jünger und urbaner. User hören gezielt zu; sie vertrauen Hosts und ihren Inhalten.

Kehrseite dieser Attribute: Werbung muss in diesem Umfeld sorgfältig durchdacht sein. Produzenten wie Vermarkter haben sich auf diese Formel geeinigt: Zunächst muss der Werbekunde zum Format passen. Werbeeinspielungen, die von den Hosts selbst eingesprochen werden („Host Read Ads“) zu Beginn oder am Ende eines Podcasts, werden eher akzeptiert. Oder der speziell produzierte Spot wird von professionellen Sprecher:innen umgesetzt. Abgeraten wird von klassischen und eher grellen Radiospots.

Akzeptiertes Werbeumfeld, Aussagen zum Thema Werbung in Podcasts in Prozent
Basis: Nutzerschaft n = 651; Statements: Top2-Boxes | Quelle: eigene Darstellung nach b4p trends 2024

Das Potenzial, einen Podcast durch Werbung zu finanzieren, ist groß. Rund um das Erlösmodell hat sich ein Ökosystem gebildet. Allein 16 Vermarkter von Podcast-Werbung listet die Übersicht des Digitalverbands BVDW auf. Darunter sind Spezialisten wie Acast und Zebralution Podcast, aber auch Allrounder mit Markterfahrung und einem Angebot über alle Audiogattungen hinweg. Zu ihnen zählt der Hamburger Vermarkter RMS. Dort ordnet CEO Stefan Mölling den Bereich Podcast-Werbung „als entscheidenden Wachstumstreiber im Audiobereich“ ein. Mölling: „Aus meiner Sicht spielt der Podcast im Audio-Kosmos eine immer wichtigere Rolle, weil er uns die Möglichkeit gibt, die Hörer:innen in besonders persönlichen Momenten zu erreichen. Wenn sich jemand bewusst für einen Podcast entscheidet, ist das Interesse an den Inhalten groß und genau hier setzt die Werbewirkung ein.“

Podcast-Werbung entwickelt sich weiter

Es bleibt dynamisch. Auch Spotify will im deutschen Podcast-Werbemarkt, der dieses Jahr die 40-Millionen-Euro-Umsatzgrenze ins Visier nimmt, stärker mitmischen. Saruul Krause-Jentsch und Yves Brunschwiler, Head of Sales, Central Europe bei Spotify, kündigen an: „Unser Original- und Lizenzprogramm bleibt zentral, aber wir öffnen unsere Plattform für einen breiteren Vertrieb unserer Inhalte, um dieses Werbepotenzial weiter zu erhöhen.“ Daneben verändert sich das Werbeumfeld; so weist das Spotify-Management auf Video als wachsenden Trend bei der Podcast-Vermarktung hin. „Der Video-Konsum auf Spotify ist in Deutschland neun Mal schneller gestiegen als der Audio-Konsum“, ordnen sie ein. Sie zählen geschätzte 500.000 neue Video-Episoden für 2024 auf. Die Spotify-Verantwortlichen sehen in der steigenden Popularität von Video-Podcasts „großes Potenzial, sowohl den Konsum als auch die Werbeeinnahmen weiter zu steigern“. Als prominentes Beispiel ist „Gemischtes Hack“ als Video-Podcast aus der Sommerpause zurückgekehrt.

Sowohl Spezialist Zebralution Podcast als auch Audio-Generalist RMS stufen Programmatic Advertising als das nächste große Ding ein. Podcasts können bei einem Anschluss ans automatisierte digitale Werbesystem von großen Kampagnen solventer Kunden profitieren. Dies, besondere Zielgruppen und steigende Userzahlen haben dem Medium inzwischen Werbung von Marken wie Otto oder Deutsche Telekom beschert. RMS-Chef Mölling: „Ein großer Vorteil von Programmatic ist die konvergente Buchbarkeit über verschiedene Formate hinweg. Durch diese Integration können Werbetreibende ihre Kampagnen nahtlos über Podcasts, Radio und andere digitale Audioformate aussteuern.“

Was sonst noch bleibt

Der Podcast ist gekommen, um zu bleiben. Das dokumentiert der Online-Audio-Monitor. Um 20 Prozent legt demnach das digitale Hörmedium binnen Jahresfrist zu, fast 25 Millionen Personen ab 14 Jahren hören zumindest gelegentlich Podcasts. Für Dr. Kristian Kunow von der mabb gehören sie daher „zum festen Bestandteil des Medienkonsums, wenn es um Wort und Information geht“. Der stellvertretende Direktor der Berliner Medienanstalt stufte bei Präsentation der Zahlen das Vertiefen wichtiger Themen als „große Chance für den lokalen Journalismus“ ein. Kunow stellte in Aussicht, dass die mabb Podcasts in ihr Förderprogramm „lokaljournalistischer Angebote in Berlin“ aufnehmen wolle.

Podcasts und Radiosendungen zum Nachhören: Rolle als aktuelles Infomedium
Basis 2024: 20,359 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, die Podcasts bzw. Radiosendungen zum Nachhören mindestens einmal pro Monat hören (n=1.637) | Quelle: eigene Darstellung nach dem Online-Audio-Monitor 2024 der BLM, BVDW, LFK, Landesanstalt für Medien NRW, mabb, RMS, VAUNET und mindline media

In letzter Zeit haben sich zudem diverse Fonds wie der Media Forward Fund darauf verständigt, Journalismus mit Haltung zu unterstützen. Finanziell gefördert werden können alle Beitragsformen. Aus Sicht von Martin Liss kann eine derartige „Anschubfinanzierung“ entscheidend sein, „um innovative Formate zu entwickeln und den Einstieg in den Markt zu erleichtern“. Ist der Anlauf geglückt, beginnt das Spiel um den Jackpot erst so richtig.

Nicht vergessen werden darf Merchandising als zusätzliche Einnahmequelle für Podcasts. Zieht man die Kosten für Sticker, Tassen oder Shirts ab, kann sich der Verkauf von Fanartikeln lohnen. Längst steuern Online-Shops von Marken wie „Mord auf Ex“ oder „Drinnies“ den Hosts teils satte Umsätze bei. Generell muss dabei bedacht werden: Neben Social Media und Live-Auftritten zahlt Podcast-Merchandising auf Marke, Wiedererkennungswert und Community ein. 

Bausteine der Podcast-Monetarisierung

  • Einzelabonnement / Paketangebot
  • Werbung / Sponsoring
  • Crowdfunding
  • Auftragsproduktion
  • Merchandising
  • Live-Events
  • Fördermodelle / Fonds

Die Mischung macht’s

Die Finanzierungsform für Podcasts schlechthin gibt es nicht. In vielen Fällen fußen die Produktionen auf einer Art Mischkalkulation. Für RMS-CEO Mölling bleibt Werbung naturgemäß „in jedem Fall unverzichtbar“.  Kontinuierlich wirtschaftlich erfolgreich zu sein, erlaube, „den hohen Qualitätsanspruch bei der Produktion und Distribution von Podcasts aufrecht zu erhalten“. Er hebt die wichtige Rolle der Alternativen hervor; nichts sei ausgeschlossen. Mölling: „Einige Podcaster bieten beispielsweise zusätzliche Inhalte exklusiv für Fans an, die Crowdfunding-Modelle unterstützen. Die regulären Episoden werden dann über Werbung finanziert. Podcaster, die werbefreie Abonnements anbieten, schalten ihre Podcasts zeitversetzt inklusive Werbung für alle Nutzer frei.“

Selbst wenn große Plattformen Dienstleister wie Studio Bummens oder Kugel und Niere beauftragen, um exklusive Podcasts zu produzieren und vollständig zu tragen, muss auch solch ein Dreierpakt nicht in Stein gemeißelt sein. So ist „Fest & Flauschig“ mit Start in die neue Saison nach acht Jahren kein exklusiver Spotify-Podcast mehr. Die Hosts und Produzenten Jan Böhmermann und Olli Schulz wollen „bis mindestens 2026“ auch bei Apple Music, Podimo, RTL+, Amazon und anderen Plattformen zu hören sein.

Einige Quellen und nützliche Links haben wir hier für dich gesammelt:

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