Julia Rotherbl: „Gesundheit ist heute ein Lifestylethema“

Nur mit einer großen Reichweite können wichtige Botschaften rund um Gesundheit auch die breite Masse erreichen. Medien- und Gesundheitsbranche können in vielerlei Hinsicht voneinander profitieren. Durch die Pandemie legen die Menschen mehr Wert auf seriöse Informationen. Wie diese vermittelt werden können, erklärt Julia Rotherbl, Chefredakteurin Apotheken Umschau, im Interview. Bei unserem Live-Event „MEDIA meets HEALTH“ am 24. Mai spricht sie darüber, wie Health- und Fitnessthemen neue Zielgruppen eröffnen.

Frau Rotherbl, die Menschen haben sich in den letzten beiden Corona-Jahren stark mit Gesundheitsthemen auseinandergesetzt. Hat sich Ihre Zielgruppe durch die Pandemie merklich verändert?

Julia Rotherbl: Ich glaube, dass sich vor allem eines verändert hat: Durch die Berichterstattung in der Pandemie, die Fake-News-Debatten, die Stimmungsmache der Coronaleugner:innen und Impfgegner:innen haben viele Menschen gemerkt, wie wichtig SERIÖSE Gesundheitsinformation ist. Eine, die auf den Fakten der Wissenschaft beruht. Eine, die aufklärt, ohne Angst zu machen. Die Apotheken Umschau folgt diesen Leitlinien schon immer – und wurde dafür auch immer mal wieder belächelt und kritisiert. Jetzt zahlt es sich voll aus, dass wir unserer Linie treu geblieben sind.

Gesundheitsthemen waren über die Jahre eher an ältere Nutzergruppen gerichtet. Können Sie mit einem breiteren Interesse nun auch jüngere Zielgruppen ansprechen – und mit welchen Themen?

Rotherbl: Gesundheit ist heute nicht mehr die Abwesenheit von Krankheit oder das Überwinden von Krankheit. Gesundheit ist heute ein Lifestylethema. Was esse ich, was esse ich nicht? Welche Sportart mache ich? Welche Coachingprogramme nutze ich für meine Psyche? Wie schaffe ich eine Work-Life-Balance? Was tue ich für den Klimaschutz? Damit beschäftigen sich die Menschen heute schon im jungen Alter intensiv. Und das sind unter anderem auch die Themen, über die wir versuchen, eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. UND wir setzen dazu natürlich auf andere Kanäle neben dem Printheft.

Wie hat sich die Apotheken Umschau an die veränderten Bedürfnisse angepasst?

Rotherbl: Wir haben in der Pandemie gemerkt: Den sich ständig verändernden Stand der Dinge können wir im Printheft nicht abbilden. Das war eine Art Katalysator für viele Dinge, die wir dann umgesetzt haben: Podcasts, Videoformate, Social Media-Formate, das Internet als Newsportal. Aktuell sind wir in der Situation, das wir all diese Dinge, die wir ziemlich schnell auf- und umgesetzt haben, analysieren, Learnings daraus ziehen, sie mit anderen Themen bespielen.

Gerade eben haben Sie das Printmagazin relauncht. Worauf liegt nun der Fokus?

Rotherbl: Vor allem darauf, nie stehen zu bleiben. Der Print-, der Gesundheits-, der Apothekenmarkt – alles verändert sich rasant. Da wollen und können wir nicht einfach nur zuschauen. Dennis Ballwieser und mir ist vor allem wichtig, dass die Apotheken Umschau Spaß macht. Healthtainment wenn man so will.

Welchen Stellenwert hat das Gedruckte in Ihrem Haus im Vergleich zu den neuen Produkten wie Podcasts?

Rotherbl: Wir haben das große Glück, dass unsere Auflage immer noch gigantisch ist im Vergleich eigentlich zu fast allen Printprodukten in Deutschland. Trotzdem ist uns bewusst, dass hier nicht die alleinige Zukunft liegt. Wir starten also neue Formate – ohne an der Qualität des Printproduktes zu rütteln.

3 Tipps, um in Ihrem Themenbereich neue Zielgruppen zu erschließen?

Rotherbl: Erstens: Vertrauen schaffen. Ihre Gesundheit vertrauen die Menschen nicht jedem an.
Zweitens: Auf Seriosität Wert legen. Content ohne Quellenangaben, ohne Wissenschaftsbezug, ohne Expert:innen etc. gibt es online schon genug.
Drittens: Sich was trauen. Auch wenn es um ein wichtiges und ernsthaftes Thema wie Gesundheit geht, wollen die Menschen unterhalten werden.