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Unsere Fragen an Krischan Lehmann von 1E9

Krischan Lehmann: „Die Macht der Netzwerke ist unabdingbar“

von Lisa Pandtle

Krischan Lehmann ist Co-Founder von 1E9. Seine Plattform bringt Menschen zusammen, die die Welt mit neuen Technologien und Ideen besser machen wollen. Wie funktioniert diese Community von Zukunftsoptimist:innen? Und welche Potenziale liegen im Community-powered Tech-Journalismus? In unserer neuen Content-Reihe „Unsere Fragen an …“ stellen wir Menschen und Projekte vor, die das Thema Vernetzung auf innovative Art vorantreiben.

Krischan, was steckt hinter 1E9? 

Krischan Lehmann: 1E9 ist aus der Wired Deutschland, einer Tech-Zeitschrift, hervorgegangen. Ich hatte das Wired-Team damals bei Condé Nast aufgebaut. 2018 wurde es aus strategischen Gründen aufgelöst, die behandelten Technologie-Themen sind deshalb aber nicht verschwunden. Also haben wir, unser Chefredakteur Wolfgang Kerler und ich, beschlossen weiterzumachen, und zwar mit Storytelling à la Wired: spielerisch und unter Einbezug der gesellschaftlichen Implikation von Technologie. Mit dem Kennenlernen der Organisator:innen von Daho.am, einer DeepTech-Konferenz in München, glaubten wir eine Secret Sauce gefunden zu haben, um im Journalismus erfolgreich etwas Neues aufzubauen: Das Zusammendenken von Community, Tech-Journalismus und Events beziehungsweise Konferenzen. So ist 1E9 entstanden. 

Was ist das Ziel eurer 1E9-Community?

Krischan: Wir empfanden die Rolle der Journalist:innen in den letzten Jahren etwas fehlgeleitet. Eigentlich müssten diese sich wieder viel stärker als Medium zwischen Audience und Expert:innen verstehen und weniger selbst als Meinungsmacher:innen. Im Tech-Bereich kann man nicht Expert:in für alles sein. Uns hat es oft gestört, dass Journalist:innen Personal Brands aufbauen, die nur senden statt empfangen. So haben wir beschlossen, uns ein Stück weit zurückzunehmen und als Medium in Erscheinung zu treten. Wir versuchen, neue Formate zu erschaffen, bei denen die Community eine größere Rolle spielt. 

Welche Potenziale bietet Community-powered Tech-Journalismus?

Krischan: Sehr viele Leute aus dem Tech-Bereich haben sehr viel zu sagen. Gerade Techies sind meist ganz tief drin in ihren Themen und bemerken nicht, über was für ein umfassendes Wissen sie verfügen. Oftmals haben sie einerseits nicht das Sendungsbewusstsein, ihr Wissen zu verbreiten, und andererseits nicht das Werkzeug, es in Worte zu fassen. Wir verstehen uns hier als Archäologen, die diese Expertise freilegen. Da liegt meiner Meinung nach ein unfassbarer Wissensschatz, den man bewusst heben muss – aber mit dem richtigen Ansatz und einer respektvollen Umgangsweise. Wir sehen die Chance im Community-Journalismus, Demut wieder neu zu lernen und zuzuhören. Oftmals gibt es Expert:innen, die bei bestimmten Themen besser Bescheid wissen als man selbst.

Wir sehen die Chance im Community-Journalismus, Demut wieder neu zu lernen und zuzuhören.

Krischan Lehmann

Wieso legt ihr so großen Wert auf Events?

Krischan: Prinzipiell wollten wir einmal im Jahr ein Highlight mit einer Fachkonferenz setzen. Dieses Jahr haben wir jedoch einen viel größeren Personenkreis eingeladen – alle, die wollten, konnten teilnehmen. Es war keine Fachkonferenz, sondern ein „Festival der Zukunft“, um die Grenzen zwischen den Silos einzureißen. Denn: Wir ziehen alle am selben Strang. Wir interessieren uns alle für die Zukunft. Und wir glauben, dass man die Welt mit Technologie zu einem besseren Ort machen kann – egal ob als Künstler, Wissenschaftlerin, Geek oder Enthusiastin.

Was passiert, wenn man Teil eurer Community wird?

Krischan: Da sind wir immer noch im Aufbau. Unser Publikum ist nicht ganz so leicht hinter dem Ofen hervorzulocken. Unsere Audience hat wenig Zeit und ist beruflich oft sehr eingebunden. Der anfängliche Plan, nur ein Forum zur Verfügung zu stellen, wo Diskussionen und Austausch von selbst passieren, ist nicht ganz aufgegangen. Trotzdem haben wir die Leute nicht verloren. Wir arbeiten also gerade daran, die Community stärker sichtbar zu machen. Die bisherigen Vorteile der Community-Mitgliedschaft sind klar definiert: Inhalte sind früher sichtbar, es gibt Einladungen und Vergünstigungen für unsere Konferenzen oder Events und jede:r bekommt Schreib- und Kommentierrechte. Aktuell planen wir zudem, eine Academy hinzuzufügen. Community-Mitglieder selbst sollen künftig in Video-Kursen ihr Experten-Wissen weitergeben. Im Nachhinein wird das Erarbeitete oder Erlernte dann wiederum über Artikel in unserer Community gestreut. Durch dieses Kohorten-basierte Lernen ist der Lerneffekt gleich viel höher.

Ihr vernetzt eure Mitglieder über eure Community, die geplante Academy und Events. Warum ist diese Art des Networkings so erfolgreich?


Krischan: Wir standen klassischen Networking-Events mit dem üblichen Kartenaustausch immer etwas kritisch gegenüber. Das haben wir auch von unserer Community zurückgespielt bekommen. Denn auf solchen Veranstaltungen werden introvertierte Menschen oft etwas vernachlässigt. Deshalb haben wir sehr stark in Inhalten und in Erlebnissen gedacht, die Menschen wirklich verbinden. Unser Anspruch ist es, Leute auf eine ungezwungene Weise miteinander zu connecten. Wir wollen nicht nur über die Zukunft sprechen, sondern konkrete Projekte an den Start bringen, die die Zukunft ein Stück weit beeinflussen. Uns war klar: Wir müssen Leute für den persönlichen Austausch in einem kleineren, authentischen Kreis zusammenbringen. Das probieren wir nun aus. Dass die Macht der Netzwerke jedoch unabdingbar ist, haben wir vor allem bei der Speaker- und Gäste-Akquirierung für unsere Konferenzen bemerkt. Da wurde schnell klar, was für Hebel entstehen, wenn wir unsere Netzwerke richtig einsetzen.

Wir wollen nicht nur über die Zukunft sprechen, sondern konkrete Projekte an den Start bringen, die die Zukunft ein Stück weit beeinflussen.

Krischan Lehmann

Wie viel Aufwand steckt hinter dem Aufbau einer Community?

Krischan: Der Aufwand ist natürlich hoch. Den persönlichen Austausch kann man nicht so leicht skalieren, deshalb spielen Bots bei uns eine große Rolle. Sie übernehmen ein Stück weit den Austausch, den normalerweise Journalist:innen führen. So kommen wir an die Infos zu den Menschen, die wir benötigen: Wissen, Ideen und Co. Außerdem achten wir sehr genau darauf, wie die Bots sprechen und interagieren. Das ist eine wichtige Säule für uns, um nicht in Arbeit unterzugehen.

Drei Tipps von Krischan für gutes Networking:

  1. Das gewollte Vernetzen hat bei mir noch nie funktioniert – Smalltalk, Spiele, Kartenaustausch. Darauf würde ich verzichten.
  2. Die besten und nachhaltigsten Connections, die ich geknüpft habe, sind aus gegenseitigem Interesse entstanden; wenn man sich mit denselben Inhalten beschäftigt.
  3. Da Smalltalk mir eher schwerfällt, habe ich mir irgendwann eingestanden, dass ich an einem Abend vielleicht nicht so viele Leute kennenlerne wie andere. Und das ist okay. Ich gehe also eventuell mit weniger Verbindungen raus, aber dafür mit tiefgreifenden.

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