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MEDIA meets NEW WORK: „Change ist das neue Normal“

Von Petra Schwegler

Wir sind mittendrin in einer neuen Arbeitswelt. Durch die Corona-Krise hat der Wandel hin zu neuen Prozessen einen ungeahnten Schub erlebt. Bei MEDIA meets NEW WORK wurde deutlich, welche Denkmuster wir auf dem Weg in die Zukunft der Arbeit aufbrechen und welche Unternehmenswerte sich wandeln müssen.

Dr. Michael Trautmann bei MEDIA meets NEW WORK

Für Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), macht gerade die Corona-Situation deutlich, wie sehr sich unsere Arbeitswelt im Wandel befindet. Er prognostiziert: „Vieles von dem, wie wir heute arbeiten, wird uns auch in Zukunft begleiten.“ Wesentlich bei diesen Veränderungsprozessen ist laut Dr. Michael Trautmann, Founder & New Work Pionier, dass sich Leitmotive in Unternehmen wandeln. Es sei höchste Zeit für andere Führungsstrukturen, mahnt der Ex-Werber, der seit genau vier Jahren in seinem Podcast New-Work-Themen vertieft. „Be the CEO of your role“, appelliert Trautmann an die Chefetagen. Es gehe darum, mehr Verantwortung abzugeben. Führung müsse heute von außen nach innen erfolgen, nicht mehr traditionell von oben nach unten. „Lasst uns gemeinsam zeigen, dass New Work mehr ist als ein Buzzword und der unfallfreie Umgang mit Remote-Work-Tools“, betont er.

Change ist nichts Besonderes, Change ist das neue Normal.

Claudia Michalski, OMC

Für Claudia Michalski ist New Work längst das New Normal in der Medienbranche. „Ich spüre sehr deutlich, dass die Planungshorizonte in den Medienhäusern kürzer werden“, beschreibt die Hauptgesellschafterin und Geschäftsführerin des Beratungshauses OMC die Veränderung hin zu „rollierenden Planungssystemen“. So würden die einst starren Jahrespläne nach und nach abgelöst, beschleunigt durch die Pandemie. „Die Silos zwischen einzelnen Bereichen sind in den vergangenen Monaten besonders stark gefallen“, lobt Michalski.

Geht es um New Leadership, erlebt die OMC-Managerin durchaus engagierte Chef:innen. „Doch der Mittelbau ist oft das Problem.“ Michalski beschreibt das mittlere Management als „undurchlässige Lehmschicht“ mit den größten Ängsten vor Kontroll- und Machtverlust. Hier müsse man in der Regel ansetzen, um schnell weiterzukommen.

In der Befähigung des mittleren Managements sieht auch Max Leichner eine wichtige Stellschraube. Der Senior Consultant bei Dr. Kraus & Partner sammelt seit 2011 Erfahrungen als Change-Berater. Sein Tipp: „Wir brauchen in den Unternehmen Promotoren und Pioniere, die die interne Transformation begleiten und zugleich eine Art Warnsystem darstellen, um negativen Entwicklungen schnell entgegenwirken zu können.“ Mitarbeiter:innen aus den eigenen Reihen seien glaubhafter als externe Berater:innen.

Leichner bezeichnet es als eine der „Hauptaufgaben“, Führungskräfte schneller durch den Change-Prozess zu führen als das Team. Er legt den Unternehmen dabei Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz im Umgang mit Mitarbeiter:innen nahe. Schnell könnte sonst ein Team durchschauen, dass hinter einer Veränderung eine Art „trojanisches Pferd“ stecke, das unbeliebten Transformationsvorhaben mit neuem Anstrich doch noch zum Durchbruch verhelfen soll.

Offenheit und Ehrlichkeit ist immens wichtig für Transformationsprozesse.

Max Leichner, Dr. Kraus & Partner


Die Zukunft der Arbeit hat Birte Hackenjos, CEO der Haufe Group, klar vor Augen: Zwei Tage pro Woche Home-Office und drei Arbeitstage Begegnung im Team. Die Managerin spricht sich dagegen aus, im Nachgang zu Corona auf Dauer auf Remote Work zu setzen. „Wir brauchen die Begegnung, auch die zufällige Begegnung, um die kleine Idee groß werden zu lassen“, hebt die Haufe-Chefin hervor. 

Marc Nicolaisen, Director Customer Experience im Steelcase-LINC-Center in München, präsentiert genau solche Büro-Konzepte, für die „Balance zwischen Me und We“. Künftig gelte es, im Verlauf eines dynamischen Arbeitstags „den Arbeitsort zu finden, der für meine jeweilige Arbeit am besten passt“. Gerade Corona habe beim Denken über die Qualität des Arbeitsplatzes einen neuen Wettbewerb losgetreten. Nicolaisen: „Es wird in den Büros viel passieren müssen, um den neu gelernten Ansprüchen gerecht zu werden.“

Marc Nicolaisen, Steelcase | Quelle: Screenshot MEDIA meets NEW WORK

Wir brauchen mehr Kaffeeküche und breitere Flure.

Birte Hackenjos, Haufe Group

Obwohl Hierarchien in der neuen Arbeitswelt verpönt seien, weil sie mit verkrusteten Strukturen gleichgesetzt würden, spricht sich Birte Hackenjos für klare Führungsstrukturen aus. Sie sagt aus eigener Erfahrung: „An Eckbüro und Teppichetage glaube ich auch nicht mehr. Doch Führung und Hierarchie sind immer verbunden mit Verantwortung und daher auch künftig wichtig. Nur anders ausgestaltet: weniger Einzelsport, mehr Team, weniger Symbolik, mehr Inhalt.“ Um eine Karriere müsse man nicht bangen, wenn man sich auf dieses neue Bild von Führung einlasse.

Eine zentrale Säule in Unternehmen für den Wandel in den kommenden Jahren ist laut Birte Hackenjos das Thema Lernen. „Je höher die Hierarchie, desto größer muss der Mut sein, zum Lernen zu stehen.“ Damit meint die CEO der Haufe Group nicht nur Seminare, sondern betont, wie viel sie persönlich von neuen Kolleg:innen lernen könne. Ihr Credo: „Wissen ist Macht. Geteiltes Wissen ist noch mehr Macht.“

Wie steht es konkret um die Arbeitswelt in den Medien?

Dr. Imme Witzel, Leiterin der ZD.B Themenplattform Arbeitswelt 4.0 bei Bayern Innovativ, registriert seit Start der Corona-Pandemie den „massivsten Wandel seit der industriellen Revolution“. In dieser Phase sei in Medienhäusern viel umgesetzt worden – selbst in Unternehmen, die zuvor Vorbehalte gegen Transformationsprozesse gehabt hätten.

Entscheidend für den Erfolg sei dabei, ob und wie Mitarbeiter:innen verantwortlich in neue digitale Tools und Entwicklungen eingebunden würden. Je nachdem, wie gut das geklappt hat, haben sich aus Sicht von Dr. Imme Witzel inzwischen drei Typen von Medienhäusern herauskristallisiert:

  • die Pioniere, die vorher schon Vorreiter waren und agil arbeiten
  • der Mittelbau, in dem Late Adopters Neues ausprobieren
  • die traditionellen Medienanbieter, die an alten Strukturen festhalten

New Work ist kein Buzzword, der Mensch muss im Mittelpunkt stehen.

Dr. Imme Witzel, Bayern Innovativ

Die Innenansicht eines Medienhauses im Wandel liefert Julia Laurion, Leadership Development bei Sky Deutschland. Sie verweist auf den Future of Jobs Report 2020 des World Economic Forum (WEF), der als Top Skills für Führungskräfte im Jahr 2025 unter anderem Lernen und Resilienz definiert hat. Corona habe diese Grundlagen für Modern Leadership nicht grundsätzlich verändert oder weiter weitere hinzugefügt, allerdings die Ort- und Zeitunabhängigkeit umgekrempelt sowie Entwicklungen beschleunigt. 

Julia Laurion, Sky Deutschland | Quelle: Screenshot MEDIA meets NEW WORK

Laurion schildert, wie sich die Rolle der Führung gerade verändert. An der Spitze sind künftig nicht mehr Vorsteher gefragt, sondern Guides, die das Team mitnehmen. Der Kontrolleur ist passé – es lebe der Coach, der sich lebenslangem Lernen verschreibt und Zeit für Führung hat. Antreiber braucht die Zukunft der Arbeit nicht mehr, dafür „Carer“, also Chef:innen, die sich sehr für Mitarbeiter:innen interessieren und gerade in der Corona-Lage für Anbindung sorgen. Julia Laurion betont, Resilienz sei enorm wichtig geworden, um aus stressigen Situationen wie Corona wieder herauszukommen. Resilienz, die aber auch die Führungskraft umfasst: „Hier verändert sich gerade viel und wir müssen Führungskräfte dabei unterstützen“, skizziert die Sky-Spezialistin den ganzheitlichen Leadership-Development-Mix.

Nur zufriedene Mitarbeiter sind leistungsfähige Mitarbeiter.

Julia Laurion, Sky Deutschland

Welche Werte braucht das erfolgreiche Kommunikationshaus von morgen?

Aus eigener Erfahrung weiß Dr. Ulrike Handel, CEO DACH & Germany des Werbenetzwerks dentsu, dass die Unternehmenskultur der entscheidende Faktor ist. Sie gehe von der Spitze aus, manifestiere sich im täglichen Umgang miteinander, egal, ob im Büro oder im Home-Office. Eine hochkomplexe Organisation mit trausenden Mitarbeiter:innen wie dentsu basiert laut Dr. Ulrike Handel auf Unternehmensgrundlagen, die ihr Haus vor einigen Jahren formuliert hat. Dazu zählen zunächst als Hardware eine moderne Arbeitsumgebung, ein flexibles Arbeitszeitmodell an allen Standorten sowie die richtige technologische Infrastruktur mit Kollaborationstools und einem „portablen Equipment vom Feinsten“.

Und die Software? Das sind die Werte, an die das Team dentsu glaubt, die die Unternehmenskultur darstellen: Vertrauen, Transparenz, Verantwortung, Toleranz sowie die Offenheit für Veränderung, um lernfähig zu bleiben. Die dentsu-CEO fasst zusammen: „Man hat in der Größe dieses Unternehmens keine Chance mehr, alles zu wissen. Man gibt Verantwortung an Teams ab und führt mit Vertrauen. Kontrolle ist etwas für Feiglinge.“ Regeln sind im Hause dentsu auch dazu da, die Mitarbeiter:innen zu schützen. Gerade jetzt, im Corona-Modus, ist Thomas Wendt, HR Director dentsu DACH & Germany, eines wichtig: „ganz klare Arbeitszeiten“.

Unternehmenskultur fängt bei Führung an. Und Führung ist eine lebenslange Aufgabe.

Dr. Ulrike Handel, dentsu

Wie in Unternehmen eine neue Wertebasis entwickelt und etabliert werden kann, das beantwortet Anna Kaiser mit „Vertrauen als zentralem Faktor der neuen Firmenkultur“. Die Gründerin und CEO von Tandemploy, einer Plattform zur Vermittlung arbeitender Mütter, rät gerade jetzt: „Zuhören ist bei all der Distanz ein ganz wichtiges Thema geworden.“ Manuela Baldauf, Redaktionsleiterin Digitale Entwicklungen und Social Media bei BRnext, fordert Führungskräfte dazu auf, Mitarbeiter:innen in der Transformation stets einzubeziehen. „Wenn sich Teams kontinuierlich ausgeschlossen fühlen, kommt es zu Dienst nach Vorschrift“, sagt Baldauf und warnt vor den Folgen in Redaktionen. So könnten Journalist:innen nicht begeistern – „und wir verlieren Publikum“.

Bei der Deutschen Welle mit Mitarbeiter:innen aus über 140 Nationen und mit 32 Sendersprachen muss das Mindset der Führung „eine Stadt für alle schaffen“, wie es Zahra Nedjabat nennt. Sie ist Head of International Relations & Diversity, bei einem Medienhaus, das auf schnelle Nachrichten ausgerichtet ist. Im Stress nicht den Tunnelblick einnehmen – ist für sie besonders wichtig. Die Kunst sei, nicht immer die schnellste Lösung bei Gesprächspartner:innen zu suchen, sondern sich Zeit zu nehmen, den Blick zu weiten. Zahra Nedjabat rät: „Basierend auf einem gewaltfreien Grundkonsens sollte in einem Team eine gute Streitkultur entwickelt werden. Reinhören, statt Recht haben zu wollen.“

Man muss Geduld üben, um eine Kollaboration des Vertrauens zu schaffen.

Zahra Nedjabat, Deutsche Welle

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