Mediennutzung, Vertrauen, KI: Medienentwicklungen 2025

Von Giulia Neumeyer, 31. Oktober 2025

Die Mediennutzung in Deutschland stabilisiert sich und steht zugleich vor neuen Herausforderungen. Welche Entwicklungen prägen aktuell die Nutzung, das Vertrauen in Medien und die wirtschaftliche Situation der Branche? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Panels „Medienentwicklungen 2025“ bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2025. Trendforscher Magnus Gebauer vom MedienNetzwerk Bayern ordnete zentrale Trends ein und zeigte, wo die Medienbranche im Jahr 2025 steht und wohin sie sich bewegt.

Medienzeit und Nutzungsmuster: Zwischen Stabilität und Verschiebung

Etwa sechseinhalb Stunden pro Tag verbringen die Deutschen 2025 mit Medien – ein Wert, der sich seit Jahren kaum verändert hat. Die Mediennutzung bleibt damit auf hohem Niveau und prägt den Alltag ebenso wie die Freizeit. Zu den beliebtesten Aktivitäten zählen das Surfen im Internet, Fernsehen und Musikhören, dicht gefolgt von der Nutzung von Laptop, Tablet und Smartphone – und das, obwohl das Bedürfnis nach „echten Erlebnissen“ außerhalb der digitalen Welt wächst. Unter der Oberfläche jedoch verschiebt sich die Gewichtung: Klassische Medien verlieren leicht an Nutzungsdauer, während digitale Formate weiter an Bedeutung gewinnen.

Veränderungen entstehen nicht mehr durch mehr Zeit, sondern durch die Verschiebung zwischen Gattungen und Angeboten.

Magnus Gebauer, Teamlead MedienNetzwerk Bayern

Die Gattungen Internet, Streaming und Podcasts haben im Medienzeit-Budget erneut zugelegt, während Hörfunk und Print weiter an Reichweite verlieren. Stabil geblieben ist allerdings das Bücherlesen. Schon 2010 lag der Wert bei rund einem Drittel der Bevölkerung, und auch 2025 sind es noch 35 Prozent, die mindestens einmal pro Woche zum Buch greifen. Das unterstreicht, dass manche Freizeitaktivitäten relativ zeitlos sind, während andere massiv vom digitalen Wandel beeinflusst werden.

Die Statistiken zeigen die Medienentwicklungen im Jahr 2025 zum Thema Mediennutzung. Medien dominieren auch in der Freizeit, die Menschen wünschen sich aber mehr "wahres Leben"
Die Statistiken zeigen die Medienentwicklungen im Jahr 2025 zum Thema Mediennutzung. Medien dominieren auch in der Freizeit, die Menschen wünschen sich aber mehr „wahres Leben“.

Die Generation Z gilt als Early Adopter und zeigt, wie die Mediennutzung von morgen aussehen könnte. Die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen verbringt insgesamt rund 45 Minuten weniger Zeit mit Medien und nutzt diese deutlich selektiver, digitaler und flexibler. Rund neunzig Prozent ihrer Videonutzung entfällt auf On-Demand-Angebote, auch Podcasts sowie digitale Textinhalte gewinnen an Bedeutung. Trotz dieser Entwicklungen bleibe die Mediennutzung allgemein vielfältig, sei aber zunehmend fragmentiert, sagte Gebauer.

Nachrichtenvermeidung, Vertrauen in Medien und künstliche Intelligenz

Das Nachrichteninteresse der Deutschen bleibt konstant. Trotzdem festigt sich ein Trend: Immer mehr Menschen meiden Nachrichten bewusst, insbesondere negative. 71 Prozent lassen bestimmte Themen bewusst außen vor – vor allem wegen emotionaler Belastung und Überforderung. Besonders die Jüngeren selektieren stärker nach Relevanz und Stimmung. 

Die Statistiken zeigen das Nachrichteninteresse in Deutschland sowie die Gründe zur aktiven Vermeidung von Nachrichten. Das Interesse ist stabil, doch die Vermeidung steigt an.
Die Statistiken zeigen das Nachrichteninteresse in Deutschland sowie die Gründe zur aktiven Vermeidung von Nachrichten. Das Interesse ist stabil, doch die Vermeidung steigt an. Gründe sind vor allem negative Auswirkung auf die eigene Stimmung und Erschöpfung.

Während das Vertrauen in Medien weltweit steigt, zeigt sich in Deutschland weiterhin ein gegenläufiges Bild. Der gemessene Vertrauenswert von 44 Prozent signalisiert, dass die Mehrheit der Befragten der jeweiligen Institution, beispielsweise einer Regierung oder den Medien, misstraut. Laut Edelman Trust Barometer bleibt Deutschland damit ein sogenanntes Distrust Country. 

Ein genauerer Blick auf die Medienlandschaft innerhalb Deutschlands zeigt allerdings eine Diskrepanz zwischen dem Vertrauen in traditionelle und digitale bzw. neue Medienangebote. Nachrichtensendungen im TV, Radio und Zeitungen belegen die ersten drei Plätze mit deutlichem Abstand vor KI-Anwendungen wie ChatGPT und sozialen Medien.

Besonders KI-Angebote verändern die Mediennutzung: Die aktuelle Erhebung ergab, dass bereits ein Viertel der Deutschen KI-Tools wie ChatGPT täglich oder mehrmals pro Woche einsetzt – meist für Texterstellung, Suche oder Unterhaltung. 

Damit konkurriert KI zunehmend mit klassischen Medienangeboten. Für Medienhäuser bedeutet das: Sie müssen echten Mehrwert, Einordnung und Ergebnisse bieten, die über generische KI-Antworten hinausgehen.

Magnus Gebauer, Teamlead MedienNetzwerk Bayern

Diese Entwicklungen stellen Medienhäuser vor neue Herausforderungen. Die wachsende Nachrichtenmüdigkeit hat Auswirkungen auf Reichweiten, Geschäftsmodelle und journalistische Verantwortung. Inhalte müssen stärker an Relevanz und Lebenswelt der Zielgruppen anknüpfen, um Vertrauen langfristig zu stabilisieren.

Medienkompetenz als Schlüssel für Vertrauen

Ein wichtiger Schlüsselfaktor bleibt die Medienkompetenz. Während junge Menschen ihre Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Informationen mit einer Durchschnittsnote von 2,5 verhältnismäßig gut einschätzen, fällt das Selbstbewusstsein bei älteren Zielgruppen mit 4,1 gering aus. Zugleich zeigt sich: Die reale Verbreitung von Fake News in Deutschland ist vergleichsweise gering – die Sorge davor jedoch groß. Diese Diskrepanz wirkt sich auch auf das Vertrauen in Medien und Institutionen aus, das weiterhin auf einem niedrigen Niveau verharrt. Umso wichtiger bleibt die Stärkung von Medienkompetenz, Transparenz und kritischer Informationsbewertung als Grundlage einer offenen Meinungsbildung.

Wirtschaftliche Lage: Wachstum trotz Zurückhaltung

Der deutsche Unterhaltungs- und Medienmarkt erzielte 2024 einen Umsatz von 111,6 Milliarden Euro – ein Plus von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit bleibt Deutschland weltweit auf Rang fünf hinter den USA, China, Japan und Großbritannien. Das Wachstum fiel mit einem Plus von 4,3 Milliarden Euro dennoch geringer aus als 2023. Das zeigt, dass die Nachwirkungen der Pandemie zwar abklingen, gleichzeitig jedoch Kostendruck und zurückhaltende Konsumausgaben den Markt bremsen.

Der wichtigste Treiber bleibt der digitale Wandel: Inhalte, Produkte und Prozesse entstehen zunehmend digital, und künstliche Intelligenz wird verstärkt eingesetzt, um Effizienzpotenziale zu heben und Kosten zu senken. Digitale Segmente zählen demnach auch zu den größten Gewinnern. Internetvideo wuchs um fast 18 Prozent, ebenso legten Onlinewerbung, Mixed Reality sowie Musik, Radio und Podcasts zu. Rückläufig waren dagegen – bedingt durch Streiks in Hollywood – Kino, aber auch Videospiele und klassische Medien wie Bücher, Zeitungen, Zeitschriften sowie TV-Werbung.

Zu den am schnellsten wachsenden Komponenten im deutschen Medien- und Werbemarkt zählen laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft pwc digitale Videoformate, denen bis 2029 jährlich ein Wachstum von 25 Prozent prognostiziert wird, dicht gefolgt von Connected TV mit 22 Prozent. 

Streaming ist längst kein Nischensegment mehr, sondern ein zentraler Bestandteil des Werbemarktes.

Magnus Gebauer, Teamlead MedienNetzwerk Bayern

Die Zahlungsbereitschaft bleibt im Bereich Streaming ebenfalls hoch: 93 Prozent der Haushalte haben mindestens ein Abo, durchschnittlich rund 2,8 Dienste für zusammen etwa 30 Euro im Monat. Damit wächst der Markt weiter – vor allem über mehr parallele Abonnements, weniger über steigende Preise.

Für die Werbebranche rücken neue Felder wie Retail Media ins Zentrum. Besonders die Retail-Display-Werbung, also Werbeflächen im Umfeld von Handelsplattformen wie Amazon oder Zalando, wächst mit fast 17 Prozent pro Jahr. Damit zeigt sich, dass Handelsunternehmen ihre Daten und direkten Kundenzugänge zunehmend nutzen, um Werbung gezielt am Point of Sale auszuspielen. Auch mobile AR-Vertriebsformate gehören mit knapp 15 Prozent zu den dynamischsten Komponenten. Und auch die digitale Außenwerbung, traditionell eher ein Ergänzungsmedium, wächst mit rund 10 Prozent pro Jahr kräftig.

Die Statistiken zeigen den Wandel des Medienmarktes 2025. Digitale Segmente gewinnen deutlich, während klassische Medien Verluste melden. Digitale Videoformaten wie der Non-Broadcaster-VoD-Werbung wird bis 2029 ein jährliches Wachstum von 25 Prozent prognostiziert.
Die Statistiken zeigen den Wandel des Medienmarktes 2025. Digitale Segmente gewinnen deutlich, während klassische Medien Verluste melden. Digitale Videoformaten wie der Non-Broadcaster-VoD-Werbung wird bis 2029 ein jährliches Wachstum von 25 Prozent prognostiziert.

Von Januar bis September 2025 haben Unternehmen in Deutschland rund 21,1 Milliarden Euro brutto für Werbung ausgegeben – ein leichtes Minus von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das deutet auf eine Konsolidierungsphase nach dem starken Wachstum des Vorjahres hin. Besonders TV verzeichnete Rückgänge (- 4,1 Prozent), während Radio (+ 1,2 Prozent), Online (+ 1,5 Prozent) und Print (+ 1,6 Prozent) leicht zulegten. Überdurchschnittlich stark entwickelte sich die Außenwerbung mit einem Plus von rund 10 Prozent. Insgesamt bleibt der Werbemarkt laut Nielsen damit stabil – mit klarer Tendenz zur weiteren Digitalisierung.

Die Botschaft ist klar: Das stärkste Wachstum konzentriert sich auf digitale, datengetriebene und immersive Formate. Von Video Ads über Retail Media bis hin zu AR-Anwendungen – Werbegelder verlagern sich zunehmend in diese neuen Kanäle. Klassische Werbeformen verlieren damit an relativer Bedeutung, während sich die Innovationskraft im digitalen Segment weiter beschleunigt.

Medien im Umbruch: Qualität und Orientierung als Konstanten

Die Analyse der aktuellen Medienentwicklungen zeigt, in welchem komplexen Wechselspiel Nutzung, Vertrauen, Wirtschaft und Technologie stehen. Während generative KI und Plattformökonomien neue Chancen und Risiken schaffen, bleiben Vertrauen, Qualität und Relevanz zentrale Ankerpunkte.

Für Medienunternehmen bedeutet das, aufmerksam zu beobachten, aber auch aktiv zu gestalten – mit journalistischer Qualität, technologischem Verständnis und einem klaren Blick für die Bedürfnisse des Publikums.