
Gen Rente
Generation Boomer: Medien für den Unruhestand
von Lisa Priller-Gebhardt, 17. Januar 2025
Nach der Gen Z rückt die alternde Gesellschaft in den Fokus der Medienwelt. Im Jahr 2025 werden in Deutschland mehr Menschen denn je in Rente gehen. Für sie ändern sich nicht nur Tagesabläufe, sondern auch Mediennutzungsverhalten und Themeninteressen. Ältere Zielgruppen bevorzugen verlässliche, tiefgründige Inhalte. Zudem starten die Best Ager von heute mit einer viel höheren Digitalkompetenz in den Ruhestand und wünschen sich entsprechende Angebote. Dieser Wandel bietet neue Chancen für Formate, die zielgruppenaffine Themen wie Gemeinschaft, Gesundheit oder finanzielle Sicherheit aufgreifen. Die Ansprache der „Gen Rente“ erfordert von Medienschaffenden neue Strategien.
Geht es um aktuelle Trendanalysen, stehen meist junge Menschen, die Gen Z, im Fokus. Dabei sind es die älteren, geburtenstarken Jahrgänge, die den deutlich größeren Anteil der Gesellschaft ausmachen. Laut Studie „Babyboomer 2024“ des Beratungsunternehmens PwC, ist mehr als jede:r vierte Bundesbürger:in zwischen 55 bis 75 Jahren alt und gehört damit überwiegend zu der Generation der Babyboomer. Gemeint sind damit alle zwischen 1946 bis 1964 geborenen. Sie sind den Jüngeren nicht nur zahlenmäßig weit voraus, sondern auch in ihren finanziellen Möglichkeiten. Diese Zielgruppe ist die von der Werbewirtschaft am meisten unterschätzte, wie der New-Perspectives-Report zeigt. Viele Marken fokussieren immer noch tendenziell eher jüngere Zielgruppen.
Dabei ist sie der Motor des Konsums, da sie mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller privaten Konsumausgaben tätigt. Berechnungen des Allianz Global Wealth Reports zufolge kommen die Babyboomer in Deutschland auf 614 Prozent des verfügbaren Einkommens.
Das Smartphone gehört zur Grundausstattung
Die Silver Ager sind zudem heute deutlich digitaler unterwegs als frühere Generationen. Laut PwC besitzt nahezu jede:r ein Smartphone, nämlich 94 Prozent. Es wird gewischt, getippt und gescrollt – in erster Linie, um mit anderen in Kontakt zu bleiben. Das Versenden von Messenger-Nachrichten steht dabei ganz oben. Kaum ein anderer Dienst wird dabei so häufig genutzt wie WhatsApp, laut PwC sind es im Schnitt 78 Prozent, die ihn nutzen. Besonders die jüngeren Boomer sind von Social-Media-Plattformen nicht wegzudenken. Unter den 55- bis 60-Jährigen sind 83 Prozent dort aktiv, bei den 61- bis 65-Jährigen sind es immerhin noch 80 Prozent. Mit steigendem Alter sinken die Zahlen dann leicht.
Diese intensive Nutzung sorgt auch dafür, dass immer mehr Medien WhatsApp-Channels etabliert haben, mit denen sie direkt mit der Zielgruppe kommunizieren. Sie können Nachrichten über die abonnierbaren Broadcast-Kanäle an alle ihre Abonnent:innen verschicken – mit Text, Fotos, Videos, Links oder Emojis. Darunter sind Tagesschau, Zeit, Bild, sowie die bayerischen Medienmarken Merkur und Kicker. Gleichzeitig sind die Social Boomer nicht nur auf den diversen Plattformen unterwegs, sie gehen auch via Handy shoppen. Jede:r Vierte macht das mindestens einmal pro Woche für Onlineshopping.
Radio und Fernsehen bleiben Begleiter im Alltag
Obwohl die Babyboomer heute mobiler unterwegs sind, halten sie den traditionellen Medien die Treue. So ist das lineare TV – obwohl es seit Jahren totgesagt wird – immer noch führend, auch wenn die Streamingdienste in den letzten zwei bis drei Jahren bei der älteren Zielgruppe an Beliebtheit gewonnen haben. 76 Prozent der Befragten schauen täglich mehr als eine Stunde linear fern und 38 Prozent hören Radio. Bei den gedruckten Medien sind Printprodukte beliebter als digitale Alternativen. Etwa die Hälfte der 55- bis 75-Jährigen greift laut Boomer-Studie mindestens einmal in der Woche zu einem gedruckten Buch oder einer gedruckten Zeitungs- oder Zeitschriftenausgabe, zu einer digitalen Zeitung dagegen nur 44 Prozent und zu einer digitalen Zeitschrift lediglich 32 Prozent.


Medien müssen viele Interessenfelder abdecken
Doch wie ticken sie, die Rentner:innen von heute und morgen? Sie sind vielfältig interessiert und engagiert: Digitale Teilhabe, Ehrenamt, Zeitgeschehen, Regionalität, Nachhaltigkeit und das Lebensgefühl als Junggebliebene – das sind neben Gesundheit, Fitness, Mode, Reisen und Autos die Themen, die sie umtreiben. Diese Altersgruppe schätzt Qualität und hat Interesse an längeren tiefgehenden Inhalten. Auch technologieübergreifende Formate findet sie spannend.
Die Boomer sind also digital aktiv, finanziell abgesichert und breit interessiert – hier tut sich für die Medienbranche ein ganzes Bündel an Chancen auf, zumal wenn die Baby Boomer in die Rente starten, können sie sich all diesen Themen noch stärker widmen. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) werden in den nächsten zehn Jahren fast 20 Millionen Erwerbstätige in Rente gehen.
Der Renteneintritt der Babyboomer könnte damit zum günstigen Trigger-Punkt werden, um neue Angebote zu starten. Und wer es schafft, einen Mix aus Tradition und Innovation zu kreieren und damit den Nerv dieser Zielgruppe zu treffen, profitiert letztlich auch von ihrer Kaufkraft.
Neue Angebote für ein bewährtes Publikum
Es gibt bereits einige interessante Projekte für die Gen Rente. Darunter „immer frei“, ein Podcast des WDR für Boomer, die sich auf die Rente vorbereiten möchten. Oder Kinsome, eine App aus USA, die es ermöglicht, mit weit entfernten Enkelkindern einfach zu kommunizieren. Diese Zielgruppe hat auch das Magazin Meine Enkel & ich im Visier. Es richtet sich an moderne Großeltern. Darin finden Omas und Opas Anregungen für gemeinsame Unternehmungen, ausgefallene Basteltipps sowie Rezepte für gemeinsame Koch- und Backsessions.
Beim Thema KI möchten sich auch die Älteren à jour halten. Um die Entwicklungen zu verfolgen, können Senior:innen beispielsweise das Webangebot „KI und Alter“ ansteuern. Eine Seite mit Inhalten und Lernangeboten über künstliche Intelligenz, die von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e. V. erstellt wurde.
Doch auch der Lifestyle soll nicht zu kurz kommen. So folgt die Netzgemeinde der 76-jährigen Cath Bowie. Und die Silver-Influencerin Gina Drewalowski aus Bielefeld und vermittelt als 59-Jährige das Lebensgefühl einer (Fast)-Rentnerin. Sie vertritt die Ansicht, dass es besser ist, die Älteste im Fitness-Studio zu sein als die Jüngste in einem Pflegeheim. Ihr folgen 336.000 Menschen. Auch die 73-jährige Hipster-Granny und Youtuberin Greta Silver liefert Inspirationen für ein glückliches Leben jenseits der 60.
In der Rote-Rosen-Show „The Golden Bachelor“ von RTL stehen reifere Singles im Mittelpunkt – Ü60-Singles begeben sich auf die Suche nach einer neuen Verbindung. Schließlich ist es für die große Liebe nie zu spät!
Quellen & nützliche Links
- Allianz: Allianz Global Wealth Report
- BAGSO e.V.: KI für ein gutes Altern
- Greta Silver
- Instagram | Gina Drewalowski (@ginadrewalowski)
- Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW): Arbeitsmarkt: Fast 20 Millionen Erwerbstätige erreichen bis 2036 das Renteneintrittsalter
- Kinsome
- OMD Germany: New-Perspectives-Report
- Meine Enkel & ich
- LocalUp: Zielgruppe Best Ager: So erreichen Sie die Generation 50plus
- MEDIENTAGE MÜNCHEN: Medien bespielen rege die Whatsapp Channels
- Press & Journal: Fortnite-famous Moray gran chosen as face of new Ikea gaming collection
- PwC: Generation Babyboomer: Lebenserfahrung und Kaufkraft treffen Innovation
- RTL: Die Bachelors 2024 | Golden Bachelor
- WDR: "immer frei – so geht Rente"