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Medientrends 2025: KI-Kluft

KI-Kluft

Die KI-Kluft in der Medienbranche: Zwischen Kooperation und Konfrontation


von Chris Schinke, 22. Januar 2025

Die Medienbranche zeigt unterschiedliche Ansätze im Umgang mit KI: Während einige Unternehmen künstliche Intelligenz als Motor für Innovation und neue Geschäftsmodelle betrachten, fürchten andere um ihre Inhalte und begeben sich mitunter auf juristisches Terrain, um Urheberrechte zu verteidigen. Diese Gegenpole prägen eine wachsende „KI-Kluft“, die nicht nur zwischen verschiedenen Medienhäusern, sondern teilweise auch innerhalb einzelner Redaktionen verläuft. Auf der einen Seite stehen Enthusiast:innen, die KI – zugespitzt – als Heilsbringer für eine gebeutelte Branche sehen. Auf der anderen Seite stehen Skeptiker:innen, die Bedenken bezüglich des Qualitätsverlustes, der Urheberrechte und der Abhängigkeit von Technologieanbietern hegen.

 

KI: Lange hat keine Innovation mehr so polarisiert


Deutlich wird die Spaltung an konkreten Beispielen in der Medienbranche: Große Publisher und Verlage schließen mittlerweile exklusive Verträge mit KI-Anbietern, um ihre Inhalte als Quellen für Chatbots oder andere generative Modelle zu lizenzieren. Solche Kooperationen sind potenzielle Einnahmequellen in einer Zeit, in der das klassische Werbegeschäft unter Druck steht. Gleichzeitig häufen sich jedoch juristische Auseinandersetzungen mit denselben KI-Anbietern, die teilweise ohne Einwilligung umfangreiche Archive und journalistische Werke zum Training ihrer Modelle verwenden. Ein Beispiel hierfür ist die New York Times, die eine Klage gegen OpenAI führt, da aus Sicht des New Yorker Medienhauses urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne Zustimmung und angemessene Vergütung für das Training der KI-Modelle von OpenAI verwendet worden seien.

Ein aktuelles Beispiel für eine Kooperation liefert hingegen der US-Publikumsverlag HarperCollins, der Presseberichten zufolge im Herbst eine Zusammenarbeit mit Microsoft einging. Laut diesen Berichten werden ausgewählte Titel für das Training von Sprachmodellen lizenziert – allerdings ausdrücklich nicht zum Zweck, daraus Bücher mit Hilfe von KI zu verfassen. Für jedes genutzte Werk soll Microsoft eine Einmalzahlung von 5.000 US-Dollar leisten, die jeweils zur Hälfte zwischen Verlag und Autor aufgeteilt wird. Bei Autor:innen regt sich derweil Kritik. Eine derartige Summe empfinden sie als unzureichend. Eine Kluft tut sich hier zwischen dem Verlag und seinen Autoren auf.

 

Die Kluft überbrücken: KI-Integration


Obwohl KI in vielen Redaktionen bereits in Bereichen wie Datenanalyse oder automatisierter Berichterstattung eingesetzt wird, herrscht große Uneinigkeit über die nächsten Schritte. Deloitte erklärte das kommende Jahr in seinen TMT Predictions 2025 zu einem „Gap Year“, in dem es gilt, verschiedene Kluften zu überbrücken. 

Im Fernseh- und Filmsektor werden KI-Technologien beispielsweise oft nur zur Effizienzsteigerung in Produktionsabläufen eingesetzt, weniger hingegen für die kreative Arbeit. Das zeigt sich auch daran, dass lediglich rund drei Prozent der Produktions-Budgets großer TV- und Filmproduktionen in den USA und Europa bisher für KI-basierte Kreativprozesse eingeplant sind.

Diese Kluft zwischen Vision und Wirklichkeit unterstreichen  Zahlen aus dem KI-Reifegrad-Report von BDZV und Retresco: Knapp die Hälfte der befragten Mitarbeiter:innen in deutschen Medienhäusern steht dem Einsatz von KI im Content-Bereich positiv gegenüber, während die andere Hälfte skeptisch ist. Zudem haben nur rund 40 Prozent der Medienhäuser in Deutschland eine Person, die gezielt die KI-Integration verantwortet. Das verdeutlicht, wie stark die Branchenakteure in ihrer Haltung auseinandergehen.

KI-Kluft: KI wird in Verlagen zentral koordiniert
KI wird in Verlagen zentral koordiniert | Quelle: eigene Darstellung nach KI-Reifegrad Report 2024


 

Neue Bildungsinitiativen und Push für Authentizität


Trotz aller Vorbehalte ist die grundsätzliche Bedeutung von KI inzwischen auch im (medien-)unternehmerischen Mainstream angekommen, wie zahlreiche Initiativen zeigen. Die Vodafone Foundation etwa hat die Kampagne „Me, Myself & AI“ gestartet, um junge Menschen via Social Media über die Funktionsweise und Risiken von künstlicher Intelligenz aufzuklären.  

Solche Projekte verweisen auf einen weiteren wichtigen Aspekt: Transparenz. Immer mehr Marktteilnehmer setzen auf klare Kennzeichnung und offene Kommunikation zum Einsatz von KI. Die Deloitte Media Consumer Survey sowie der Havas Prosumer Report unterstreichen, dass die Kluft zwischen negativ und positiv Eingestellten vor allem durch fehlende Informationen vertieft wird. Die Vorstellung, nicht mehr zwischen „Echt“ und „KI-generiert“ unterscheiden zu können, verunsichert Mediennutzer:innen. Ein Teil der Branche setzt daher auf sichtbare Hinweise, wenn Inhalte mithilfe von KI erstellt oder redigiert wurden. Diese Transparenz zielt darauf ab, Bedenken abzubauen und die Glaubwürdigkeit zu wahren.

KI-Kluft: Eine ungleiche Verteilung
KI-Kluft: Eine ungleiche Verteilung | Eigene Darstellung nach Havas (2024): Prosumer Report GEN AI

Menschliche Handschrift und wo KI sinnvoll ist


Parallel zu diesen Entwicklungen gibt es eine bewusste Hinwendung zu mehr „menschlichen“ Inhalten. Kantar Media prognostiziert in seinem „2025 Media Trends & Predictions Report“, dass ein Fokus auf Authentizität und menschliche Kreativität weiterhin ein entscheidender Erfolgsfaktor bleibt. Selbst wenn KI zeitsparende und kostengünstige Lösungen ermöglicht, wünscht sich ein großer Teil des Publikums originäre Inhalte – eine Chance für Medienhäuser z. B. im Printbereich, die gezielt auf menschliche Handschrift und Persönlichkeit setzen. Die KI-Expertin Dr. Léa Steinacker rät hierzu: „Unsere größte Verantwortung ist es, herauszufinden, wo KI sinnvoll ist und wo wir besser auf menschliche Fähigkeiten vertrauen.“

 

Zwischen Technikgläubigkeit und Skepsis – Brücken bauen


Die Medienbranche steht damit zweifellos vor einer enormen Herausforderung, die sich aus der rasanten Weiterentwicklung von KI und der damit einhergehenden Polarisierung ergibt. Auf der einen Seite öffnet KI Türen für Effizienzgewinne, neue Geschäftsmodelle und potenziell höhere Reichweiten. Auf der anderen Seite stehen tiefgreifende Bedenken über Qualität, Urheberrechte und den potenziellen Verlust menschlicher Kreativität.

Die große „KI-Kluft“ lässt sich wohl nur schließen, wenn Unternehmen gemeinsam an klaren Richtlinien, fairen Vergütungsmodellen und transparenten Einsatzszenarien arbeiten. Um langfristig erfolgreich zu sein, sollte die Medienbranche nicht nur auf kurze Effizienzsprünge setzen, sondern auch die Bedürfnisse des Publikums berücksichtigen – ein Publikum, das sich oftmals noch unsicher ist, ob KI eher als Chance oder als Risiko zu bewerten ist.

 

Quellen & nützliche Links:


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