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Medientrend 2025: Tradmarketing

Tradmarketing

Marketing: Zurück zu den Wurzeln


von Liza Marie Heuring, 16. Januar 2025

Nach ereignisreichen Jahren mit dem Siegeszug von Social-Media-Marketing, dem Aufkommen generativer künstlicher Intelligenz (GenAI) zur Content-Erstellung und dem Dauerthema Nachhaltigkeit hat sich das Blatt nun gewendet: 2025 erleben wir das Comeback altbewährter Kompetenzen wie Kreativität, Transparenz und langfristige Markenbildung. Das neue, „alte“ Tradmarketing, kurz für „traditionelles Marketing“, legt den Fokus auf Inhalte mit Substanz, eine authentische Markenkommunikation und starke Identitäten. Gleichzeitig bieten diese klassischen Werte eine Grundlage, um innovative Ansätze und neue Technologien effektiv einzusetzen. Das dürfte nicht folgenlos für das Storytelling der gesamten Medienbranche bleiben.


McKinsey Trend-Report: „Zurück in die Zukunft“


Kreativer Content, Markenbildung und Authentizität sind, in dieser Reihenfolge, die Top-Drei Trends im aktuellen Report „State of Marketing 2024: Zurück in die Zukunft“ von McKinsey. Datengetriebenes Marketing und GenAI, die Megatrends der vergangenen Jahre, belegen hingegen erst die Plätze vier und fünf. Originelles Storytelling ist somit künftig grundlegend, um eine Marke als authentisch zu positionieren. Erst nachfolgend rangieren bisher wichtige Themen wie Nachhaltigkeit (Platz 11) und Social Media (Platz 19), deren Brisanz, zumindest aus Marketing-Perspektive, abgenommen hat. Auch wenn das langweilig klingen mag: Die Fundamente guten Marketings haben 2025 nichts mit digital first zu tun. Während im Netz zuweilen mit immer neueren Tools (ChatGPT, DeepL etc.) und auf hipperen Plattformen (Twitch, Thread, BeReal, Clubhouse etc.) um die Aufmerksamkeit der Konsument:innen gekämpft wird, sollten Marketingverantwortliche ihren Fokus wieder auf die Kernwerte ihrer Marke und deren kreative Vermittlung legen.

Marketing als Trend-Barometer: Neuausrichtung auf bewährte Kernkompetenzen | Quelle: eigene Darstellung nach McKinsey (2024): State of Marketing 2024 – Zurück in die Zukunft
Marketing als Trend-Barometer: Neuausrichtung auf bewährte Kernkompetenzen | Quelle: eigene Darstellung nach McKinsey (2024): State of Marketing 2024 – Zurück in die Zukunft

Besondere Zeiten, besonderes Marketing


Insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie dominieren gesamtgesellschaftliche Gefühle von Instabilität, Verunsicherung und Misstrauen. Konsument:innen sind nicht nur überwältigt von den Krisen der Gegenwart und frustriert vom digitalen Lärm in ihren Inboxen und Social Feeds, sie wünschen sich auch wieder authentische, greifbare Verbindungen und Produkte, die einen echten Wert haben und ihre Überzeugungen widerspiegeln. Pink- und Greenwashing sind definitiv out. Um langfristig das Vertrauen der Konsument:innen (zurück) zu gewinnen, sollten Marken daher konsistent authentisch und kreativ handeln, anstatt kurz gegriffene, oberflächliche Werbeversprechen zu machen.

 

Hybrides Marketing der Zukunft


 Tradmarketing bedeutet jedoch nicht, die Errungenschaften der letzten Jahre einfach über Bord zu werfen. Vielmehr kann klassisches Marketing zum Katalysator für den Erfolg moderner Technologien werden. Kreative Ansätze, die auf starken Markenidentitäten basieren, helfen dabei, GenAI-Prozesse emotional zu verankern und datengetriebene Modelle mit einer klaren Botschaft und Persönlichkeit zu versehen. Gleichzeitig bieten klassische Prinzipien einen stabilen Rahmen, um aufkommende Trends wie die zunehmende Personalisierung oder die Ansprache der anspruchsvollen Gen Z effizient umzusetzen. Das Storytelling von morgen baut auf den Stärken des Marketings von gestern.

Doch hier lassen sich auch die Herausforderungen der Branche finden: Viele Unternehmen sind zwar in Sachen Kreativität und Markenbildung gut aufgestellt, zeigen aber Lücken in den Schlüsselfeldern Authentizität, datenbasiertes Budget-Management und Einsatz von GenAI. Nur wenige Unternehmen haben bisher GenAI-Projekte vollständig implementiert oder den Wechsel zu datengetriebenen Budget-Management abgeschlossen. Wer hier aufholt, der kann aus dem Vollen schöpfen.

 

TRIGEMA-Affe Charly wird KI-Influencer


Eine konsequente Verbindung des Gestern und Heute hat die Bekleidungsfirma TRIGEMA mit ihrer 2024 gestarteten, neuen Social Media- und TV-Kampagne geschafft: Darin zu sehen ist der altbekannte Affe Charly, allerdings diesmal in einer KI-generierten Version als tierischer Fashion-Influencer. Damit bleibt das der Zielgruppe vertraute Testimonial erhalten (der reale Affe Charly stand jahrelang mit Ex-TRIGEMA-Chef Wolfgang Grupp vor der Kamera), während die Marke mit der KI-basierten Werbestrategie neue Wege geht. Im TV-Spot wird Influencer Charly von Ex-Tagesschausprecher Jan Hofer vorgestellt, ein sympathischer Twist, der von intelligentem Storytelling zeugt.



 

 

Ford und Fiat gehen mit gutem Beispiel voran


Auch Ford hat den Wert von Storytelling begriffen und lässt seine Geschichte von der Reise-Influencerin (und eigentlich Motorradfahrerin) Ann-Kathrin Bendixen aka „Affe auf Bike“ erzählen, die dafür in Begleitung zweier Freundinnen einen Roadtrip zum Nordkap unternimmt. Dafür stellt der Automobilhersteller ihr nicht nur einen Geländewagen zur Verfügung, sondern lässt ihr auch (fast komplett) freie Hand, um in Lang- und Kurzformaten auf diversen Kanälen von ihren Abenteuern zu berichten. Bendixen, die sich nach einer lebensbedrohlichen Erkrankung das Reisen zum Lebensinhalt gemacht hat und 2023 an der Survival-Reality-Show „7 vs. Wild“ teilnahm, genießt bei ihrer Community eine hohe Glaubwürdigkeit und wird für ihren Mut gefeiert. Gerade weil es ihre eigene, unnachahmliche Geschichte ist, die Bendixen dorthin gebracht hat, wo sie heute ist, eignet sich die Creatorin optimal als authentische Markenbotschafterin und unterstützt Ford in seiner Positionierung als Marke für Abenteuer-Fans.

 

Fiat erfreut Fußballfans


Während der Live-Übertragung des Fußballspiels zwischen Palmeiras und Botafogo im November 2024 in Sao Paulo unterbrach ein Fiat-Werbespot, untermalt mit Madonnas „Like a Virgin“, versehentlich die Übertragung des zweiten Tores von Botafogo. Diese unglückliche Überschneidung führte zu humorvollen Reaktionen in den sozialen Medien, wobei Fans die Ironie der Situation betonten. In weniger als 24 Stunden reagierten Fiat und die Agentur Leo Burnett auf die virale Resonanz, indem sie einen neuen Werbespot produzierten. Dieser Spot, ausgestrahlt während der Werbepause des „Jornal Nacional“ am folgenden Tag, unterbrach sich selbst, um das zuvor überspielte Tor in voller Länge zu zeigen, begleitet von der Botschaft: „Wenn es wichtig für den Fußball ist, ist es wichtig für Fiat“. Diese prompte und kreative Reaktion demonstriert Fiats Fähigkeit, auf unvorhergesehene Ereignisse flexibel zu reagieren. Durch die geschickte Nutzung eines anfänglichen Fehlers konnte die Marke mit dem lebensnahen Werbespot positive Aufmerksamkeit im fußballbegeisterten Brasilien generieren und ihre Verbindung zur Zielgruppe stärken.

 

Quellen & nützliche Links:


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