Mehr als nur Spielerei: Die Gamesbranche als Wachstumsmotor
von Katja Schwengler, 22.11.2022
Digitale Technologien und Know-how entscheiden in der heutigen Arbeits- und Wirtschaftswelt über die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Damit der Mittelstand die wirtschaftlichen Potenziale der Digitalisierung ausschöpfen kann, haben wir in Hof bei unserem Media Date „Spielerisch innovativ“ gemeinsam mit dem Gründerzentrum Einstein1 ein paar Entwickler:innen zu Wort kommen lassen, um zu erfahren, was wir von der Videospielindustrie und dem Megatrend Gaming im Hinblick auf Ideen, Geschäftsmodelle, Innovationen und Recruiting lernen können.
Die bayerische Gamesbranche ist dynamisch, innovativ, kreativ und vernetzt. Durch regionale Förderungen und Engagement verbesserte vor allem Bayern die Standortbedingungen, sodass das Bundesland mittlerweile der beste Games-Standort in Deutschland ist, noch vor Berlin!1 Zur Gamesbranche gehören aber nicht nur Developer, Publisher und Dienstleister:innen, sondern auch Artists, Musiker:innen oder Autor:innen. Einen umfassenden Einblick in die Szene gewährte Simone Lackerbauer von Games/Bavaria. Sie zeigte eindrucksvoll auf, dass sich die Entwicklung von Games lohnt. Vor allem während der Corona-Pandemie nahmen die Bedeutung und der Umsatz von Games nochmals deutlich zu. 60 Prozent der Menschen in Deutschland spielen mittlerweile Videogames, davon sind 48 Prozent weiblich. Das Durchschnittsalter der Gamer:innen liegt bei 37 Jahren –- eine Altersgruppe mit signifikanter Kaufkraft. Games und Gamification sind fester Bestandteil von Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft und ein Wachstumsmarkt mit Anknüpfungspunkten an neue Technologien wie NFTs und das Metaverse. Darüber hinaus sind Games ein starker Wirtschaftsfaktor und erzielen mittlerweile einen höheren Umsatz in Deutschland als das Kino. Es gibt Games mit pädagogischem oder therapeutischem Wert, Serious Games und auch Games, die einfach unterhalten dürfen.
„Games und Gamification sind fester Bestandteil von Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft und ein Wachstumsmarkt mit Anknüpfungspunkten an neue Technologien wie NFTs und das Metaverse.“
Simone Lackerbauer, Games/Bavaria
Gamesbranche fördern und profitieren
Auch wenn vor allem in Bayern der Weg in die richtige Richtung geht – die Gamesbranche steht noch immer vor einigen Herausforderungen:
- Games sind zwar in der Mitte der Gesellschaft angekommen, aber in der Politik noch nicht als vollwertiges Unterhaltungsmedium akzeptiert.
- Die Gamesbranche bezahlt heute bessere Gehälter als noch vor zehn Jahren, aber gerade Entwickler:innen können natürlich in anderen Branchen mehr verdienen
- Fachkräfte und Gründer:innen wandern häufig ab, weil beispielsweise in Kanada oder Frankreich die Bedingungen für Games-Entwickler:innen oftmals besser sind, unter anderem mit Steuererleichterungen oder größeren Fördertöpfen bzw. risikofreudigeren Investor:innen. In Deutschland investieren Geldgeber:innen immer noch lieber in Versicherungen oder setzen auf andere, solide Branchen.
So haben auch mittelständische Unternehmen und Industrie die Chance, attraktive Entwickler:innen als Fachkräfte für ihre Unternehmen zu gewinnen. Denn vor allem in diesem Bereich, also IT und angrenzende Sparten, herrscht ein eklatanter Fachkräftemangel. Simone Lackerbauer von Games/Bavaria steht der Anwerbung von Games-Entwickler:innen positiv gegenüber und sieht für die Unternehmen vor allem Vorteile: Ein Game zu entwickeln ist kein kleines Unterfangen. Es gibt Spielmechaniken, ein Weltdesign, verschiedene Level, eine Story, Art Design, technische Hürden und den gesamten Prozess von Markenbildung und Vermarktung. Unternehmen sollten auf Entwickler:innen zugehen und sie für sich gewinnen, denn sie bekommen Expert:innen für Digitalisierung und für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, die komplexe Prozesse verstehen und Probleme lösen können.
Employer Branding: So findet auch der Mittelstand innovatives und kreatives IT-Personal
Auch Phuong Duc Phung und Florian Eckstein von Skinbaron hielten einen spannenden Impulsvortrag zum Thema Employer Branding. So hat Gaming laut ihnen viele Anknüpfungspunkte im Berufsleben und beansprucht unterschiedliche Kompetenzen und Soft Skills, die von Bedeutung sind. Ob es um die Kommunikationsfähigkeit, das Teambuilding oder um dezentrale Zusammenarbeit geht: Gamer bringen diese Eigenschaften häufig schon mit. Unternehmen können diese begehrten Fachkräfte ansprechen, indem beispielsweise Partnerschaften und Sponsorings mit E-Sportlern eingegangen werden. Kooperationen mit Influencern aus der Gamingbranche oder eigene Gaming-Events machen interessierte Entwickler:innen ebenfalls auf das Unternehmen aufmerksam. Gaming als Mitarbeiter:innen-Event ist auch wichtig, um Entwickler:innen im Unternehmen zu halten. So kann ein eigens gegründetes E-Sports-Team, regelmäßige Teamspiele wie Online-Krimi-Dinner das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden positiv beeinflussen.
„Durch Vernetzung und mit menschlicher Kreativität bewirkt man Wirtschaftswachstum .“
Paul Radetzky, Emergo Entertainment
Auch Paul Radetzky von Emergo Entertainment hatte spannende Ideen, wie Entwickler:innen als Fachkräfte gewonnen werden können. Seiner Meinung nach ist es wichtig, dahin zu gehen, wo sich Gamer:innen aufhalten, um zu verstehen, was sie machen. Ob bei World of Warcraft oder auf den Social-Media-Kanälen wie twitch oder TikTok: Es müssen Verbindungspunkte zwischen Unternehmen und Entwickler:innen geschaffen werden und die Gamer:innen müssen direkt angesprochen werden. Zudem betonte auch er die zwei Seiten des Employer Branding: Die aktive Suche nach geeignetem Personal und die Ansprache bereits existierender Mitarbeitenden. Laut Paul Redetzky bewirkt man vor allem durch Vernetzung und mit menschlicher Kreativität Wirtschaftswachstum.
In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Jim Sengl vom MedienNetzwerk Bayern moderiert wurde, tauschten sich alle Vortragenden aus und beantworteten die Fragen eines interessierten und zahlreich erschienenen Publikums. Einig waren sich alle, dass um Gaming zu fördern, mehr Education und Networking unabdingbar sei. Der Markt der Entwickler:innen ist hart umkämpft. Deshalb sind kreative Wege über neue Kanäle Voraussetzung, um diese begehrte Zielgruppe zu erreichen. Mittel- und langfristig kann es für Unternehmen auch ein Weg sein, Mitarbeitende durch Weiterbildungen zu Entwickler:innen zu qualifizieren. Wie auch immer der Weg aussehen mag: Essentiell sind Flexibilität, Wertschätzung – auch monetär – und Entfaltungsmöglichkeiten.
1.) Quelle: shorturl.at/cehy0