Netzwerken digital – Lisa Braun und Dirk von Gehlen
Von Marie-Charlotte Praetorius
Gutes Networking braucht den physischen und den digitalen Austausch. Doch was, wenn das Treffen bei Veranstaltungen oder auch der spontane gemeinsame Kaffee wegfällt? Worauf es ankommt, wenn Netzwerken komplett digital wird und wie sich die Netzwerkpflege ändert, haben uns Vernetzungs-Profis aus der bayerischen Medien-, Tech- und Digitalbranche verraten. Heute im Interview: Lisa Braun, Partner Manager Munich Creative Business Week (MCBW), und Dirk von Gehlen, Leiter Social Media / Innovation Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH.
Welche Relevanz hat das Thema Netzwerken, wenn man auf soziale Distanz gehen muss?
Lisa Braun: Es wird wichtiger denn je, um den Anschluss an das private sowie berufliche Leben nicht zu verlieren.
Dirk von Gehlen: Ich glaube, dass der Begriff „soziale Distanz“ nicht ganz stimmt. Es geht ja um räumliche Distanz, sozial soll und darf der Austausch doch weiter stattfinden. Dafür sind das Internet und die digitale Vernetzung ein Geschenk. Ich glaube, dass dies ein gesellschaftlicher Umkipp-Punkt sein wird: Auch Digital-Skeptiker*innen machen erstmals die Erfahrung, wie toll die Verneztung ist. Das ist ein Gefühl, das die Jungen schon sehr viel länger haben. Mit Bezug auf das Thema Innovation muss man dazu noch anmerken: Für alle, die kreatives Denken entwickeln, kann man an diesem Punkt beobachten, wie sich unser Blick aufs Netz ändert. Wir sehen das Internet jetzt erstmals wirklich als Internet.
Um die Umwelt durch weniger Mobilitätsverhalten zu entlasten, können neue Formate, Tools und Möglichkeiten für das Netzwerken und vor allem für die Kommunikation einen wichtigen Beitrag leisten – jetzt und in Zukunft.
Lisa Braun
Wie wird die aktuelle Situation das Thema Netzwerken künftig beeinflussen?
Lisa: Die aktuelle Situation bedingt, dass wir alle verstärkt digitale Kommunikationstools ausprobieren. Das kann eine Chance sein, denn insbesondere mit uns bekannten Menschen funktionieren Videokonferenzen sehr gut und ich denke, dass wir auch zukünftig das eine oder andere Format fortführen werden, um Wege zu sparen, die internationale Zusammenarbeit auszubauen und mehr Menschen zusammenzubringen. Digitale Besprechungen lassen sich zudem auch einmal ad hoc anberaumen. Um die Umwelt durch weniger Mobilitätsverhalten zu entlasten, können neue Formate, Tools und Möglichkeiten für das Netzwerken und vor allem für die Kommunikation einen wichtigen Beitrag leisten – jetzt und in Zukunft.
Dirk: Das Internet geht nicht mehr weg. Es ist jetzt der Standard. Dadurch wird sich vieles sehr grundlegend ändern. Ich habe das in einem Essay so beschrieben: Digitale Vernetzung war bisher für viele so etwas wie die Sonderausstattung beim Auto: eine nette Spielerei, aber für die Fortbewegung nicht zwingend notwendig. Das ändert sich gerade: „Das Internet ist – um ein Wort aus der letzten großen Krise 2008 zu bemühen – too big to fail: Es ist systemrelevant. Ende der Geschmacksdebatte.“
Das Internet geht nicht mehr weg. Es ist jetzt der Standard. Dadurch wird sich vieles sehr grundlegend ändern.
Dirk von Gehlen
Was ist momentan dein wichtigstes Tool zum Netzwerken?
Lisa: Das Videokonferenz-Tool Zoom, Skype, E-Mails und WhatsApp.
Dirk: Bisher kann ich noch keine Priorisierung vornehmen. Wir nehmen alles, was funktioniert.
Netzwerken von Zuhause aus: Was sollte man beachten?
Lisa: Regelmäßigkeit und Routinen pflegen und Videoübertragung nutzen, um mehr Nähe und Verständnis füreinander zu schaffen.
Dirk: Bevor wir da eine grundsätzliche Antwort finden, kann man festhalten: Netzwerken in Corona-Zeiten hat vor allem das Ziel, nicht verrückt zu werden. Die Belastungen sind gerade besonders hoch, Menschen sind dünnhäutiger als sonst. Gerade in solchen Situationen braucht es besonders viel Gelassenheit, aber gerade in solchen Situationen ist Gelassenheit halt auch besonders schwierig. Meine zwei Tipps lauten deshalb: 1. Sich daran erinnern: Wir sind nicht allein. Wir stecken gerade allesamt in diesem Dilemma, da kann es sehr helfen, sich zu vernetzen. Aber eben in dem Sinn, dass man eigene Schwächen zugibt, Fragen stellt, freundlich ist. 2. Durchatmen ¯\_(ツ)_/¯
Die Tipps gibt es im Zwei-Tages-Rhythmus. Übermorgen bei „Netzwerken digital“: Anja Metzger, Head of Film Commission Bayern, und Curt Simon Harlinghausen, CNO (Chief Nerd Officer) bei der C5H GmbH.