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Vertrauen ist der Schlüssel

Von Katrin Reichwald

Das Motto der DLD Conference 2019 war Optimism & Courage. Als Basis für den optimistischen Blick in die Zukunft kristallisierte sich Trust, Vertrauen, heraus. Vertrauen in Medien, in Regierungen, in neue Technologien um Ängste abzubauen und die digitale Zukunft erfolgreich zu gestalten. 

Rachel Botsman © Picture Alliance for DLD

Gerade neue Technologien setzen sogenannte Trust Leaps in der Gesellschaft voraus, weiß Rachel Botsman, Vordenkerin zum Thema Vertrauen in der digitalen Welt. Um etwas Neues zu etablieren, braucht es zunächst einen Vertrauensvorschuss der Gesellschaft, den Willen zum Sprung ins Ungewisse. Eigentlich so Botsman, sei der Mensch gut darin, solche sogenannten Trust Leaps anzunehmen. Kommt es allerdings zum Vertrauensverlust, generiert das Unbekannte Unsicherheit. Und das führt zu Angst.

Etwa davor, die Kontrolle abzugeben oder von einer künstlichen Intelligenz ersetzt zu werden. Glaubt man AI Experte Kai-Fu Lee, scheint diese Angst gar nicht so weit hergeholt. Etwa 40 Prozent der Berufe, wie wir sie heute kennen, werden in den nächsten Jahren durch künstliche Intelligenz ersetzt, ist sich Kai-Fu Le sicher. Das sei allerdings kein Grund zur Sorge: Kreative und strategische Berufe seien nicht in Gefahr, ebenso wenig wie Berufe, bei denen die zwischenmenschliche Interaktion im Vordergrund steht. Hier werde der Bedarf sogar steigen. Denn die Skills, die dafür notwendig sind, kann eine künstliche Intelligenz nicht ersetzen. Zudem tun sich durch die neue Technologie neue Berufsfelder auf.

Kai-Fu Lee © Picture Alliance for DLD

„The biggest loss is not the loss of income but identity“, so Kai-Fu Lee. Viele Menschen identifizieren sich mit ihrem Beruf und fürchten die Flexibilität, die mit dem Wandel in der Arbeitswelt einhergehen muss. Für Paul Daugherty, Chief Technology & Innovation Officer von Accenture, ist deshalb die große Herausforderung an Unternehmen, die Mitarbeiter schnell genug zu schulen und ihnen die Fähigkeiten, die sie künftig benötigen, an die Hand zu geben. Etwa 50 Prozent der Berufe ändern sich durch AI, vermutet er.

Vertrauensvorschuss vs. Vertrauensbruch

Eine aktuelle Studie der PR-Agentur Edelman zeigt, dass das Vertrauen in die Tech-Teilbereiche wie AI, Blockchain oder Automotive deutlich geringer ist als das Vertrauen in Technik an sich. Für die Studie wurden 33.000 Menschen in 26 Ländern befragt. Dabei ist gerade im Bereich Künstliche Intelligenz Vertrauen grundlegend, weiß Grazia Vittadini, CTO von Airbus: Ohne Vertrauen keine Daten, kein AI.

Der Grund für die Skepsis? „There is a lack of understanding“, sagt Margot Edelman. So finden 47 Prozent der Befragten, dass technische Innovationen zu schnell passieren. Wie aber lässt sich das Gefühl des Abgehängtseins verhindern? „Trust ist the currency of interactions“, weiß Rachel Botsman. Wenn Unternehmen transparent mit Veränderungen umgehen, sind sie vertrauenswürdiger. Ein Trugschluss sei aber zu glauben, betont Botsman, dass sich durch Transparenz verlorenes Vertrauen zurückgewinnen ließe.

Sheryl Sandberg © Picture Alliance for DLD

Wie schwer es ist, einen Vertrauensbruch zu kitten, demonstriert das Beispiel Facebook – und zwar direkt auf der Bühne der Innovationskonferenz. Wem vertrauen Sie am meisten? fragt Botsman das Publikum und stellt Unternehmen zur Auswahl. Facebook erntet Stille, ein paar verhaltene Klatscher. Immer wieder sorgte das Unternehmen für Negativschlagzeilen, steht massiv in der Kritik. Datenpannen und -Skandale, politische Manipulation, Fake News … Themen, für die das soziale Netzwerk bislang keine Lösungen zeigen konnte. „We failed“, gibt Sheryl Sandberg zu und zeigt sich geläutert: „Wir müssen das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, und zwar mit unseren Taten.“

Scott Galloway © Dominik Gigler for DLD

Ein neues Kapitel aufschlagen

Sicherheit für die Nutzer, Schutz vor politischer Manipulation und Fake Accounts sowie Datenhoheit zählt die Facebook COO als Bereiche auf, in denen dringender Handlungsbedarf besteht. Um hier einen Wandel zu erreichen, arbeite Facebook mit Partnern zusammen. Im Kampf gegen Hate Speech etwa mit dem Französischen Parlament, in Sachen KI kooperiert Facebook mit der TU München und investiert 7,5 Millionen Euro in ein gemeinsames AI Ethics Institute.

Doch reicht das alles wirklich aus, um das Vertrauen der Nutzer zurückzugewinnen? DLD-Koryphäe Scott Galloway hat eine klare Meinung dazu. „What can Mark and Sheryl do? They can be fired!“ Was Facebook braucht, sei ein grundlegender Wandel, glaubt Galloway: „This company needs to turn the page.“

Geht es nach ihm, müssten ohnehin so einige neue Kapitel aufgeschlagen werden. Unternehmen wie Twitter, Pinterest, Buzzfeed oder VICE sieht der Marketing Chef auf dem Weg ins Aus, erdrückt von den drei Giganten Facebook, Google oder Amazon. Amazon etwa entwickle sich gerade zum drittgrößten Medienunternehmen weltweit und auch was Zukunftsmärkte wie Healthcare angeht gibt es große Pläne. Mithilfe der Daten, die Amazon über seine Kunden gesammelt hat, kann es gelingen, zum größten weltweiten Healthcare Unternehmen zu werden, glaubt Galloway und ist sich sicher: Um die Giganten unter Kontrolle zu bekommen, helfen Regulierung und Verbote nicht weiter. Eine Aufspaltung sei der effektivste Weg, um Konkurrenzfähigkeit zu generieren.

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