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Werte für die digitale Welt

Von Katrin Reichwald

Wie kann sich Europa gegen die agilen Märkte in den USA und China behaupten? Wo liegen die eigenen Stärken im digitalen Wettbewerb? Und welche Stellung nimmt der Journalismus in der digitalen Zukunft ein? Fragen, die im Rahmen der DLD Conference 2019 aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wurden.

Diego Piacentini © Picture Alliance for DLD

Die Antwort für die europäische digitale Zukunft sei es nicht, schnell zu sein, sondern nachhaltig, glaubt Manfred Weber, Mitglied des Europäischen Parlaments und Kandidat für die Europawahl: “Ich bin überzeugt, dass die Werte, an die wir in der realen Welt glauben, auch Werte für die digitale Welt sind.”

Um die digitale Transformation voranzutreiben, braucht es Vorbilder, die diesen Sprung bereits geschafft haben, argumentiert Diego Piacentini und denkt dabei insbesondere an die Regierungen selbst. Piacentini, der bereits für Apple und Amazon gearbeitet hat, war bis Oktober 2018 für digitale Transformation der italienischen Regierung zuständig. Die größten Herausforderungen seien es, Kontinuität über Regierungswechsel hinaus in der digitalen Entwicklung zu bewahren und qualifizierte Mitarbeiter an Bord zu holen.

Europa in der digitalen Welt

Das weiß auch Francesca Bria, Chief Technology and Digital Innovation Officer für die Stadt Barcelona. Sie ist überzeugt: „Wir müssen über Regulierung und Technologie hinausgehen und sicherstellen, den Bürgern zu dienen.“ In Barcelona wird deshalb ein Schwerpunkt auf das Thema Smart City gesetzt. Die digitale Infrastruktur auf Regierungsebene funktioniere gut und lässt positive Effekte erkennen, berichtet Bria: Dadurch, dass die Bürger online mitsprechen können, falle eine demokratische Teilhabe leichter. Diese könne helfen, Populismus zu verhindern.

V.l.: Ulrich Wilhelm, Markus Haas, Francesca Bria, Sven Afhüppe, Manfred Weber und Ann Mettler © Picture Alliance for DLD

Doch wie kann sich Europa über die Grenzen hinaus in einer digitalen Welt behaupten, in der der ein oder andere Zug bereits abgefahren scheint? Im Markt für künstliche Intelligenz kämpfen USA und China um die Goldmedaille, so AI-Experte Kai-Fu Lee. Wenn Europa Bronze gewinnt, interessiere das niemanden. Am wichtigsten sei es nun, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren und nicht anderen hinterherzuhinken, darüber sind sich die Speaker auf der DLD-Bühne einig. Großes Potenzial für eine europäische Vorreiterrolle hat für Ann Mettler, Leiterin des European Political Strategy Centre EPSC, Ethical AI. Aber: „Europa ist einfach zu langsam, wir brauchen einen digitalen Masterplan und junge Talente.“

Medien im Wandel

Das große Potenzial von AI hat auch John John Micklethwait erkannt – für den Journalismus. Der Chefredakteur von Bloomberg Media sieht keinen Grund, die neue Technologie als Bedrohung zu sehen. Technologie habe den Journalismus schon immer geändert, jedoch nicht zum Schlechten. Künstliche Intelligenz könne Journalisten in vielen Bereichen unterstützen. Bestimmte Textarten mit festem Muster etwa lassen sich automatisiert erstellen und sparen den Redakteuren Zeit. Das Aufspüren von Informationen oder zeitintensives Transkribieren von Tonaufnahmen könnten ebenfalls von Robotern übernommen werden. Und auch automatische Übersetzungen seien ein spannender Game Changer, so Micklethwait. Bloomberg selbst konzipiert mittlerweile 30 Prozent der Inhalte mithilfe künstlicher Intelligenz.

Ein anderes Thema, das die europäische Medienlandschaft umtreibt, thematisierte unter anderem Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks. „Wir sind zu abhängig von der Google- und Facebook-Infrastruktur.“ Eine Lösung sieht er in einer eigenen europäischen Infrastruktur als konkurrenzfähigen Gegengewicht zu den US-Riesen. Voraussetzung für eine solche Plattform seien Kollaborationen unter den Sendern.

Max Conze © Picture Alliance for DLD

Daten als Schlüssel zum Erfolg

Auch Sabine Eckhardt, verantwortlich für Vertrieb und Marketing bei ProSiebenSat.1 Media, hat eine klare Meinung: „Wir sollten Content und Talente teilen – und zwar schnell.“ Max Conze, CEO der ProSiebenSat.1 Media, kündigt eine hauseigene Streamingplattform an, die mit eigenen Inhalten überzeugt. „Ich glaube, mit Netflix kann man konkurrieren, wenn man nicht versucht, Netflix zu sein.“ Die neue Plattform soll vor allem auf Live-Formate und lokale Formate ausgerichtet sein. Gelauncht wird voraussichtlich Mitte 2019. „Man sollte keine Angst davor haben, sich selbst zu kannibalisieren, sonst macht das jemand anderes“, so Conze.

Um künftige Märkte zu erschließen und das Zielpublikum besser kennenzulernen, orientiert sich ProSiebenSat.1 Media nun auch in den E-Commerce Bereich. „Es ist wichtig, Daten zu haben. Vor allem die Qualität der Daten ist relevant“, erklärt Eckhardt. Das Unternehmen investierte deshalb unter anderem in Parship, Flaconi, Verivox und Elitepartner. „Es braucht Zeit, hilft aber dann, den Konsumenten zu verstehen.“

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