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Diskussionsrunde beim Media Date "Back to Classics: Wie es mit den Werbespendings für demokratiestiftende Medien läuft"

Wie es mit den Werbespendings für demokratiestiftende Medien läuft

Von Franziska Mozart, 02. Mai 2025

Journalistische Medien sind weit mehr als nur Werbeträger. Sie sind ein wichtiges demokratisches Korrektiv. Dennoch konkurrieren sie um Werbegelder mit großen Tech-Unternehmen, die diese demokratische Funktion nicht übernehmen. Laut einer Prognose des Verbandes Die Mediaagenturen wird im Jahr 2025 knapp die Hälfte der deutschen Netto-Werbeeinnahmen an Google, Amazon und Meta gehen. 

Wie können sich klassische Medien, insbesondere regionale Tageszeitungen, dagegen behaupten? Welche Initiativen gibt es, um faire Rahmenbedingungen zu schaffen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Media Dates „Back to Classics – Wie es mit den Werbespendings für demokratiestiftende Medien läuft“, veranstaltet vom MedienNetzwerk Bayern. Das Format brachte Vertreter:innen aus Medienhäusern, Vermarktung und Werbebranche zusammen. 

Nach zwei Impulsvorträgen von Carsten Dorn, Geschäftsführer der Score Media Group, und Christian Kaeßmann, Geschäftsführer der Mediaagentur PLAN, folgte eine lebhafte Diskussionsrunde mit Petra Schwegler vom MedienNetzwerk Bayern, Armin Jelenik, Stellvertretender Chefredakteur beim Verlag Nürnberger Presse, und Harald Stocker, Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbands.

Regionale Medien als starke Werbepartner

Carsten Dorn betonte, dass regionale Medien keine Almosen bräuchten, sondern aus eigener Stärke attraktive und relevante Werbeträger seien. Die Score Media Group ist ein nationaler Vermarkter regionaler Medien. Dorn stellte die Rolle regionaler Tageszeitungen für die Gesellschaft und die Werbewirtschaft anhand folgender Thesen vor:  

Carsten Dorn hält einen Impuls beim Media Date "Back to Classics"

    • Medienvielfalt ist unverzichtbar: Medienvielfalt schützt unsere Demokratie, fördert Debatten und liefert Orientierung, betonte Dorn. Das sei mehr denn je in Zeiten von Desinformation und KI-getriebener Verunsicherung nötig. Überall dort, wo regionale Medien verschwänden, könnten sich Fake News deutlich schneller verbreiten, so der Score-Media-Chef.
    • Regionale Tageszeitungen sind das Vertrauensmedien Nummer 1: Vertrauen sei ein zentraler Werbewert, so Dorn – damit schlägt er die Brücke zur Werbewirtschaft. In seinem Impuls sprach er sich dafür aus, soziale Netzwerke konsequent als soziale Plattformen zu bezeichnen. Denn: Sie selbst übernähmen keine Verantwortung für die Inhalte, sondern lieferten nur eine Plattform für Meinungen und News. Pressekodex oder journalistische Sorgfaltspflichten wirken daher nicht auf den Plattformen, wohl aber bei regionalen Medien. Das wirke sich auch regelmäßig auf die Vertrauenswerte aus, die insbesondere bei regionalen Tageszeitungen hoch sind.

  • Eine Welt ohne Lokaljournalismus ist gefährlich: Dort, wo Lokaljournalismus verschwindet, steigen Polarisierung und Zustimmung zu extremen Parteien. Das sei bereits erkennbar. Wo das journalistische Korrektiv fehle, kommt es verstärkt zu Lagerbildung, die das demokratische Miteinander schwächt. Werbungtreibende, die in regionalen Medien werben, stärken laut Dorn daher die Demokratie und die Gesellschaft.
  • Die Verteilung der Werbegelder läuft schief: Fast 50 Prozent der Werbegelder gehen an drei globale Plattformen (Google, Meta, Amazon) – während regionale Qualitätsmedien um Sichtbarkeit kämpfen. Das ist laut Dorn nicht nur wirtschaftlich problematisch, sondern auch paradox. Denn gleichzeitig wächst die Kritik an diesen Plattformen. Die Werbewirtschaft selbst kritisiert die fehlende Transparenz, wenn es um Leistungswerte geht. Gleichzeitig bieten die Plattformen keine sicheren Umfelder. Doch viele Werbetreibende blieben weiterhin untätig, merkte Dorn an.

Zusammenfassend betonte der Vermarkterchef die Stärke regionaler Tageszeitungen als lokal verankerte, reichweitenstarke und glaubwürdige Multichannel-Werbeträger – gedruckt wie digital. 

Christian Kaeßmann über Medien und Demokratie beim Media Date

Die Rolle der Werbewirtschaft

Christian Kaeßmann stellte die Frage, welche Verantwortung nicht nur Werbungtreibende, sondern alle Unternehmen in der Gesellschaft übernehmen sollten. Im Zentrum seines Vortrags stand die Initiative 18, deren Mitglied Kaeßmann ist. Die Initiative wurde von Privatpersonen aus der Werbewirtschaft ins Leben gerufen und hat das Ziel, „free, safe, sustainable media“ als 18. Social Developement Goal der UN zu etablieren. Ein wichtiges Argument hierfür ist erneut die ungleiche Verteilung der Werbespendings zugunsten von GAM: Google, Amazon, Meta. Doch neben der verantwortungsvollen Allokation von Werbeinvestitionen geht es in dem Ziel unter anderem auch um die Sicherstellung der Pressefreiheit, Bekämpfung von Desinformation und der besseren Anerkennung von urheberrechtlich geschätzter journalistischer Leistung.

Kaeßmann sprach sich außerdem für mehr Tiefgang in der Kommunikation aus. Und auch er unterstrich die Bedeutung des Vertrauens, das in journalistische Medien gesetzt wird im Gegensatz zu sozialen Plattformen.

Verantwortung, Mediaplanung und Urheberrecht

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie komplex die Herausforderungen für demokratiestiftende Medien sind. Die Themen reichten von der Entwicklung messbarer KPIs für nachhaltige Mediaplanung über die Abkehr von algorithmusgesteuerten Buchungslogiken bis hin zum Schutz journalistischer Inhalte.

Das Wissen um klassische Mediaplanung sei in vielen Agenturen schwächer geworden, so Carsten Dorn. Score Media habe daher ein eigenes Team dafür etabliert. Die Buchungsplattformen der großen Tech-Unternehmen seien anders zu bedienen als klassische Mediaplanung. Zudem legten Unternehmen wie Meta oder Google selbst fest, welche Kennzahlen veröffentlicht werden. Dorn kritisierte dabei, dass ein „View“ bei YouTube beispielsweise etwas völlig anderes bedeute als bei Facebook.

Harald Stocker vom BJV sprach mit Blick auf die Verwertung journalistischer Inhalte auf Plattformen mit journalistischen Inhalten von „Raubrittertum“: „Einer macht die Arbeit und die anderen machen das Geschäft“. Lokale Inhalte seien extrem relevant für die Zielgruppe, doch es bestehe viel zu wenig Verständnis für Urheberrecht. In vielen lokalen Facebook-Gruppen würden abfotografierte Zeitungsartikel geteilt – ein klarer Verstoß gegen das Urheberrecht und eine Gefahr für das Geschäftsmodell des Lokaljournalismus.

Christian Kaeßmann und Armin Jelenik in der Diskussionsrunde beim Media Date "Back to Classics"

Wege in die Zukunft

Was also tun? Armin Jelenik erklärte, dass der Verlag Nürnberger Presse weiterhin viele Ressourcen für die Region aufbringe, weil die lokalen Inhalte besonders stark nachgefragt würden: „Der Blick vor die Haustüre ist sehr wichtig“. Das Medienhaus habe außerdem in ein neues Druckzentrum investiert: „Das ist auch ein Bekenntnis für Print“.

Von einer Querfinanzierung des Journalismus hielten die Anwesenden hingegen nicht viel, wohl aber von einer größeren Steuergerechtigkeit. Die Digitalsteuer könnte mehr Vergleichbarkeit herstellen, auch eine gesenkte Umsatzsteuer für Presseerzeugnisse könnte helfen.

Einigkeit bestand darüber, wie wichtig es ist, diese Diskussionen offen zu führen und ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Bedeutung des Journalismus zu schaffen: Wenn beide Seiten gehört werden und dann darüber berichtet wird. „Das ist unsere Dienstleistung an der Gesellschaft“, fasste Jelinik zusammen.

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