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Wie Gaming und Medien gemeinsam neue Welten erschaffen

von Manon Harenberg, 02. Dezember 2024

Gaming ist längst kein Nischenhobby mehr, sondern ein fester Bestandteil moderner Unterhaltung. Ob interaktive Inhalte, immersive Technologien oder spielerische Gamification-Ansätze: Die Verbindung von Games und Medien hat das Potenzial, die Art und Weise, wie Geschichten erzählt werden, grundlegend zu verändern. Anbieter wie Netflix oder die New York Times nutzen bereits spielerische Formate, um neue Zielgruppen zu begeistern, Reichweiten zu steigern und Abonnent:innen zu gewinnen. Immer mehr Medien ziehen nach.

Die Grenzen zwischen Medien und Games verschwimmen – neue Erlebniswelten entstehen. Doch wie genau profitieren Publisher von dieser Entwicklung? In diesem Netzwerkwissen werfen wir einen Blick auf einige dieser Ansätze und beleuchten, welche Rolle Bayern als Vorreiter spielt. Von Radioformaten und interaktiven Dokumentationen bis hin zu Gamification-Startups und internationalen Beispielen: Dieses Netzwerkwissen zeigt, wie beide Welten verschmelzen und welche Impulse daraus entstehen.

New Marriages: Wenn Medien und Games Verbindungen eingehen 

Medienunternehmen stehen heute vor der Herausforderung, die begrenzte Zeit ihrer Nutzer:innen optimal zu nutzen und ihre sich schnell wandelnden Interessen zu bedienen. Um dieser Dynamik gerecht zu werden, entstehen vermehrt „New Marriages“ – kreative Verbindungen, die mediale Inhalte attraktiver und vielseitiger machen. Serien werden zu Games, Audio-Plattformen verschmelzen mit interaktiven Angeboten, und das Fernsehen experimentiert mit Gamification. Die neuen Ansätze eröffnen Medienunternehmen die Möglichkeit, ihre Zielgruppen stärker an sich zu binden und neue Formate zu erschließen. Doch was bedeutet diese Entwicklung konkret für die Medienbranche? 

Bayern als Vorreiter der Gaming-Branche

In den letzten Jahren hat sich der Gaming-Markt in Deutschland rasant entwickelt. Laut game – Verband der deutschen Games-Branche wurde im Jahr 2023 ein Umsatz von rund zehn Milliarden Euro erzielt – das entspricht einem Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Spiele-Apps für mobile Geräte wie Smartphones und Tablets tragen dabei mit knapp drei Milliarden Euro weiterhin den größten Teil zum Umsatz bei. Die Erlöse haben sich in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt. Deutlich wird auch: Gaming ist längst nicht mehr nur ein Hobby der Teens und Twens. 58 Prozent der Deutschen spielen regelmäßig Videospiele, wobei das Durchschnittsalter der Gamer:innen erstmals auf über 38 Jahre gestiegen ist. 

Der deutsche Games-Markt wächst 2023 insgesamt um 6 Prozent
Der deutsche Games-Markt wächst 2023 insgesamt um 6 Prozent. | Quelle: eigene Darstellung nach Verband der deutschen Games-Branche

Dieser Boom bringt nicht nur Unterhaltung, sondern auch wirtschaftliche Chancen. Tausende von Arbeitsplätzen entstehen, die neue kreative und technologische Möglichkeiten fördern. Aktuell sind in Deutschland mehr als 30.000 Menschen in der Games-Branche beschäftigt, ein Großteil davon in Bayern Insgesamt 342 Firmen, Organisationen und Einrichtungen bilden laut der Initiative Games/Bavaria  das Ökosystem der bayerischen Branche – das sind über 30 Prozent der deutschen Games-Unternehmen. Auch verzeichnet Bayern die meisten Neugründungen im Vergleich zu den anderen Bundesländern.

Bundesländer mit den meisten neu gegründeten Games-Unternehmen seit 2020 ...
Bundesländer mit den meisten neu gegründeten Games-Unternehmen seit 2020 … | Quelle: eigene Darstellung nach Jahresbericht game – Games-Branche in Deutschland (S.30)

Gaming trifft Audio: Wie STAR FM und Konsole Labs neue Wege gehen

Alex Kind, Geschäftsführer von STAR FM, und Maximilian Knop, Geschäftsführer von Konsole Labs, verbinden Gaming und Radio. Ihre Idee: Spiele in bestehende Radio-Apps zu integrieren, um Nutzer:innen länger zu binden und die App attraktiver zu machen. „Radio-Apps sehen seit vielen Jahren nahezu identisch aus. Die Zielgruppe hat sich verändert, und wir mussten uns fragen, was Hörer heute wollen. Gaming war die Antwort,“ sagt Knop. In der App können User:innen Indie-Spiele und Demo-Levels ausprobieren, während der Radio-Stream weiterläuft. Musik hören und gleichzeitig spielen? Für Knop die perfekte Kombination. Dazu kommen Highscore-Listen, Wettbewerbe und Podcasts, die Geschichten rund um die Spiele erzählen. Das Konzept geht auf: Seit dem Start des Projekts im Oktober 2024 konnte STAR FM die Verweildauer in der App um 22 Prozent erhöhen, während die Absprungrate deutlich sank. Der Ansatz zeigt, dass spielerische Elemente nicht nur Engagement und Reichweite steigern, sondern auch neue Möglichkeiten der Monetarisierung schaffen können. „Das Thema hat riesiges Potenzial für die Zukunft“, so Knop.

Esports neu erleben: BlueBottle schafft Datenzugang

Marcel Zurawka und Lars Eble, die Gründer von BlueBottle, haben ein Ziel: Die Welt des Esports für Zuschauer verständlicher und besser zugänglich machen. Denn obwohl das Genre immer beliebter wird, bleiben die komplexen Spieldaten oft unübersichtlich. Hier setzt BlueBottle an und visualisiert diese Daten in Echtzeit – direkt während der Live-Übertragungen. Mit so genannten Overlays, kleinen Grafiken, die während eines Spiels eingeblendet werden, sehen die Zuschauer:innen auf einen Blick wichtige Statistiken wie Spielerleistungen oder Match-Analysen. Das macht das Geschehen nicht nur anschaulicher, sondern auch spannender. Gleichzeitig profitieren Sponsoren, da ihre Marken in diese Overlays integriert werden können. So verbindet BlueBottle Unterhaltung und Information und macht Esports attraktiver – für Fans, Content-Produzent:innen und die gesamte Branche.

Wenn Gaming Medieninhalte transformiert

Die Möglichkeiten, die sich aus der Verbindung von Gaming und Medien ergeben, sind vielseitig – und zahlreiche Unternehmen setzen diese Ansätze bereits erfolgreich um. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf konkrete Beispiele. Sie zeigen, wie kreative Ideen in die Praxis umgesetzt werden und was die Branche daraus lernen kann:

Bayern

  • STAR FM: Der Rocksender STAR FM erweitert seine App um spielerische Elemente: Nutzer:innen können direkt in der App Indie-Spiele und Demo-Levels ausprobieren, während der Radio-Stream im Hintergrund weiterläuft. Zusätzlich sorgen Highscore-Listen und Wettbewerbe für eine interaktive Erfahrung.
  • ProSiebenSat.1: Mit interaktiven Formaten wie „The Masked Singer“ bringt ProSiebenSat.1 das Publikum mitten ins Geschehen. Über die Joyn-App können Nutzende während der Live-Sendung mitraten, abstimmen und an Quizzen teilnehmen, wodurch ein Mitmach-Erlebnis entsteht. Damit möchte ProSiebenSat.1 die Zuschauerbindung stärken und die Sendung attraktiver für ein breites Publikum machen.
  • Bayerischer Rundfunk: Der Bayerische Rundfunk verbindet traditionelle Medien mit interaktiven Elementen, um historische Ereignisse immersiv erlebbar zu machen. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt „Die Befreiung“, ein virtueller Rundgang über die KZ-Gedenkstätte Dachau. Nutzer können durch historische Fotos und Zeitzeugenberichte die Befreiung des Konzentrationslagers eigenständig erkunden und den Verlauf der Geschichte interaktiv nachvollziehen. Solche Formate werden angeboten, um Bildung und Erinnerungskultur zeitgemäß zu vermitteln und ein breiteres Publikum anzusprechen.

Deutschland

  • ARTE: ARTE erweitert sein kulturelles Angebot durch die Entwicklung und Bereitstellung von Videospielen. Durch interaktive Formate sollen kulturelle Inhalte auf innovative Weise vermittelt werden und ein breiteres Publikum ansprechen. Darunter sind Spiele wie „Type:Rider“, das die Geschichte der Typografie erkundet, und „Homo Machina“, das eine Reise durch den menschlichen Körper als Fabrik darstellt. ARTE verbindet dadurch traditionelle Medien mit interaktiven Erlebnissen und fördert so ein tieferes Verständnis für kulturelle Themen.
  • Deutsche Welle: Die Deutsche Welle verbindet traditionelle Medien mit spielerischen Elementen, um Bildungsinhalte interaktiv zu gestalten. Ein Beispiel hierfür ist die Sprachlern-App „DW Learn German“, die den Lernprozess durch Gamification unterstützt. Nutzer:innen können Übungen absolvieren, ihren Wortschatz erweitern und durch spielerische Herausforderungen ihre Sprachkenntnisse verbessern. Solche Formate werden angeboten, um das Lernen attraktiver zu gestalten und eine breitere Zielgruppe anzusprechen.

Weltweit

  • Netflix: Netflix hat mit interaktiven Formaten wie „Black Mirror: Bandersnatch“ und „You vs. Wild“ Gaming-Elemente in traditionelle Bewegtbildformate integriert. In diesen Produktionen können Zuschauende durch eigene Entscheidungen den Verlauf der Handlung beeinflussen und  zu unterschiedlichen Enden führen.
  • BBC: Die britische BBC hat interaktive Dokumentationen und Lernspiele entwickelt, die auf ihren Inhalten basieren. Beispielsweise integriert die BBC Gaming-Elemente in ihre Bildungsangebote, um Lernen interaktiver und ansprechender zu gestalten. Auf der Plattform BBC Bitesize finden Schüler Lernspiele, die verschiedene Fächer abdecken und den Unterrichtsstoff spielerisch vermitteln.
  • The New York Times: Die New York Times integriert interaktive Spiele wie „Wordle“ und „Spelling Bee“ in ihr digitales Angebot, um die Leserbindung zu stärken. „Wordle“ ist ein tägliches Wortspiel, bei dem Spieler ein fünfstelliges Wort in sechs Versuchen erraten müssen, während „Spelling Bee“ die Bildung möglichst vieler Wörter aus einer vorgegebenen Buchstabenkombination fordert. Damit möchte die Zeitung ihren Leser:innen einen zusätzlichen Mehrwert bieten.

Die Zukunft gestalten

Die Ehe zwischen Games und Medien steht erst am Anfang – die Möglichkeiten, die diese Synergie bietet, sind nahezu grenzenlos. Für die Medienbranche wird es entscheidend sein, diese Entwicklungen aktiv mitzugestalten. Unternehmen, die Mut zur Innovation beweisen und Gaming-Elemente als festen Bestandteil ihrer Strategien verankern, könnten sich einen Wettbewerbsvorteil sichern. Gleichzeitig bietet das Verschmelzen mit spielerischen Elementen neue Wege, um nicht nur jüngere Zielgruppen zu erreichen und langfristig zu binden. Der Weg in die Zukunft ist klar: Gaming ist längst mehr als ein Trend, es wird die Medienwelt nachhaltig verändern – interaktiver, immersiver und zukunftsorientierter.

Quellen & nützliche Links

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