Newsletter erhalten
André Eckert

„Wir zwingen die Leute aus ihrer Comfort Zone“

Von Katrin Reichwald

André Eckert ist Münchner Botschafter für das globale Netzwerk Unicorns in Tech und organisiert die Netzwerk-Treffen in der bayerischen Landeshauptstadt. Im Interview mit dem MedienNetzwerk Bayern erzählt er, wofür die Unicorns stehen, warum Netzwerke gerade auch für Selbstständige so wichtig sind und welche technischen Entwicklungen für ihn das größte Potenzial in sich tragen.

André Eckert Portrait

André, wie verdienst du eigentlich deine Brötchen? Ist „Unicorns in Tech“-Botschafter ein Beruf?

André Eckert: Ich bin selbstständiger Art Director Motion, Experte für Animationen, Storytelling und die Umsetzung von Motion Graphics, für Werbung, On Air Design und neuerdings auch Social Media Content. „Unicorns in Tech“-Botschafter in München bin ich zusammen mit Silvia Bormüller ehrenamtlich in meiner Freizeit. Die Unicorns haben ihren Ursprung in Berlin und sind eine LGBT-Community für Tech-Enthusiasten, aber auch offen für straight allies. Uns eint, dass wir an Tech interessiert sind. Das heißt, es sind gar nicht alle Mitglieder Tech-Spezialisten. Tech als Begriff ist ja ultrabreit und kann von den neuesten Innovationen bis hin zum Gaming oder Internet of Things reichen.

Inwiefern ist die Ausrichtung auf die LGBT-Community wichtig?

André: Bei Unicorns in Tech habe ich mich selbst gefragt: Braucht es sowas? Etwas, das mit Technik zu tun hat und dann auch noch queer ist? Um sich über das, wofür man brennt, auszutauschen, ist es egal, welcher Community man angehört. Aber nicht überall ist es so offen wie in München. München wirkt konservativ, aber ich hatte hier nie Probleme mit meiner sexuellen Orientierung. Die gibt es aber noch. Menschen werden deswegen diskriminiert, ausgeschlossen und Schlimmeres. Es ist also nach wie vor relevant, ein Bewusstsein zu schaffen.

Die Unicorns in Tech setzen sich für Diversität ein, und für Frauenrechte. Stuart Cameron, der Gründer, hat außerdem den PANDA Netzwerk für Frauen in Führungspositionen und die Jobmesse Stick & Stones gegründet. Er inspiriert mich. Ich glaube, um innovative Formate und Projekte zu entwickeln, ist es wichtig, einfach mal etwas zu starten, was einen selbst interessiert. Nur so kann man herausfinden, ob es tatsächlich auch Bedarf gibt.

Wie sind die Unicorns in Tech von Berlin nach München gekommen?

André: Die Veranstaltungen der Unicorns in Tech fanden schon ein paarmal in München statt. Und ich habe sie von Anfang an gerne besucht. Irgendwann hat mich Stuart dann gefragt, ob ich nicht Botschafter in München sein will. Ich war gleich begeistert, denn sowas gab es hier bisher nicht. Silvia Bormüller kam noch mit ins Team und setzt sich stark für Ausgewogenheit ein: Wenn wir Sprecherinnen für Themen suchen, fällt uns oft auf, dass es zwar Expertinnen gibt, man sie aber mehr überreden muss, auf der Bühne zu sprechen. Aber es ist auch eine Veränderung zu spüren. Für uns ist es wichtig, unser Netzwerk so zu pflegen, dass wir Expertinnen sichtbar machen – und weiterempfehlen können.

Wie kann man sich eure Events vorstellen?

André: Unsere Events laufen sehr offen ab. Zwei Sprecher oder Sprecherinnen halten zu bestimmten Tech Themen einen Vortrag, aber wir wollen auch einen großen Raum für den Austausch anbieten. Es gibt ein Pitching-Segment, in dem jeder eine Minute Zeit hat, sich und sein Projekt vorzustellen. So kann man direkt in der richtigen Zielgruppe nach Leuten suchen, die einen unterstützen.

Um schnell herauszufinden, mit wem man es zu tun hat, haben wir bei jeder Veranstaltung ein Speed-Networking. Wir zwingen die Leute damit, aus ihrer Comfort Zone heraus und schnell mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Da merkt man dann: Hey, das sind die gleichen Leute wie ich, mit denselben Interessen … das ist ein viel schönerer Ausgangspunkt, um neue Kontakte zu knüpfen und sein Netzwerk zu erweitern.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Warum ist Vernetzung so wichtig?

André: Wie wichtig Netzwerke sind, erfahre ich gerade auch in meiner Selbstständigkeit. Es gibt immer jemanden, der jemanden kennt, der vielleicht genau das braucht, was du anbietest. München ist da halt doch ein großes Dorf. Wenn ich mich ohne Kontakt vorher bei Firmen vorstelle, gibt es meist nur ein winzig kleines Zeitfenster, in dem genau das gebraucht wird, was ich mache – das abzupassen, ist natürlich schwer.

Sind die thematischen Schwerpunkte bei den Unicorns in Tech-Events auch für die Medienbranche relevant?

André: Die Themen, die wir behandeln, sprechen branchenübergreifend an. Wir entscheiden multidisziplinar, welche Themen gerade relevant sind. In unseren jüngeren Veranstaltungen zum Beispiel haben wir uns mit den Themen Blockchain und künstliche Intelligenz befasst.

Get Together Unicorns in Tech

Welche technischen Entwicklungen bergen für dich das größte Potenzial für Medienmacher?

André: Das ist gar nicht so einfach. Durch verschiedenste Einflüsse kann das immer in ganz andere Richtungen gehen. Aber natürlich, Smart Speaker, Voice Interface – das sind spannende Felder mit Zukunft. Über die Stimme kann ich zum Beispiel jemandem, der gar nicht Tech-affin ist, etwas an die Hand geben, mit dem er zurechtkommt. Natürlich muss man diese Bereiche aber auch kritisch sehen. Im Moment ist es so, dass Smart Speaker sehr günstig sind, man aber gewissermaßen mit seinen Daten zahlt. Datensicherheit ist und wird ein großes Thema bleiben. Eine gesunde Portion Skepsis ist bei aller Technikbegeisterung wichtig.

 

Auch Virtual Reality wurde ja schon einige Mal angekündigt: „Jetzt kommt’s aber wirklich.“ Für mich geht es aber eher in Richtung Augmented Reality. Nutzer wollen mitbekommen, was um sie herum passiert und mit ihren Freunden kommunizieren. Mit der VR-Brille ist man momentan noch zu abgeschnitten von seiner Umwelt.

Wie soll es für die Unicorns weitergehen?

André: Bisher machen Silvia und ich „Unicorns in Tech“ ehrenamtlich. Langsam wird das Netzwerk aber so groß, dass wir rekrutieren müssen. Ich bin sehr zufrieden, wie sich alles entwickelt. Letztes Jahr haben wir drei Veranstaltungen gemacht, dieses Jahr wäre es schön, fünf zu schaffen.

Ein schönes organisches Wachstum ist toll, für uns ist aber nicht das Ziel, die Gruppe unendlich aufzublasen, denn dann geht das Wichtigste verloren: Der Austausch.

Abonniere jetzt unseren Newsletter
Bleibe auf dem Laufenden zu den Events und Projekten des MedienNetzwerk Bayern!