
Wo kommen morgen die Erlöse für das Radio her?
Von Petra Schwegler und Lukas Schöne, 28. Februar 2025
Events, Abo-Modelle, Community-Power: Wie erfolgversprechend sind neben der Werbung alternative Monetarisierungsmodelle? Und wie kann die Branche ihre große Stärke – der direkte Draht von Mensch zu Mensch – erfolgreich in die digitale Welt übertragen? Das waren zentrale Fragen beim Media Insights Audio des MedienNetzwerk Bayern.
Wenn gefühlt halb Hessen in weiß gekleidet zu internationalen Live-Acts feiert, dann steckt dahinter HIT RADIO FFH. Mit dem Event „FFH Just White“ entwickelt der Privatsender seit zwölf Jahren Strahlkraft für seine Marke – und manchmal strahlt sie auch am Nachthimmel über der Arena des Hessentags in Bad Vilbel: 2024 bildeten dutzende Drohnen den Schriftzug des Senders und die der Sponsoren über der großen Bühne. Das erzeugt Stimmung vor Ort und bringt beeindruckende Bilder für die Reichweite im Netz. „Wir nutzen die Emotionen der Community, um sie eng an uns zu binden“, sagte Marie Ebert, Head of Marketing & Event HIT RADIO FFH, bei unserem Media Insights Audio.
Wir schaffen große Hörernähe durch das Live-Event. Dabei steigern wir die Reichweite, schaffen neuen Content und zahlen auf andere Kanäle ein.
Marie Ebert, HIT RADIO FFH
Hörernähe schaffen und Kunden binden
Events als Aushängeschild für Radiosender sind nicht neu, aber Aktionen wie diese zeigen: Die Veranstalter:innen müssen immer wieder neu denken. Hinter „FFH Just White“ steht die Verbindung aus Event, multimedialer Reichweite und Community-Power. Zwischen 15.000 und 30.000 Fans kommen jedes Jahr, je nach Größe der Arena. „Wir schaffen große Hörernähe durch das Live-Event. Dabei steigern wir die Reichweite, schaffen neuen Content und zahlen auf andere Kanäle ein.“ Mit Auftritten wie dem von Popstar Leony erreiche man außerdem junge Zielgruppen und könne sie an die Marke FFH heranführen.
Und wie sieht’s beim Geld aus? Mit einem solchen Event habe man den Vorteil, so Ebert, dass Sponsoren und Werbepartner im Vorfeld und vor Ort eingebunden werden können. Bis zu neun Monate begleiten Werbekunden die Aktion intensiv, unter anderem über Gewinnspiele und Programmaktionen. On Air, Off Air und auf den Social-Media-Kanälen sind die Partner dabei. Ein Beispiel ist der Werbekunde Subway. Die Snack-Kette sponserte etwa eine Kiss Cam für die Verliebten im Live-Publikum.
Allerdings spürt auch Eberts Team die deutlich gestiegenen Kosten im Konzert- und Eventbereich. Von 20 Euro Eintritt vor einigen Jahren habe sich der Preis für die Tickets auf 40 Euro verdoppelt. Doch das tut der Begeisterung für das Event bisher keinen Abbruch.
Die Magie des Radiostudios
Warum überhaupt ist Begeisterung so wichtig, dass Radio zukunftsfähig bleibt? Roland Lehmann, Programmchef von Radio Teddy, will sich von all den Unkenrufen rund ums Old-School-Medium Hörfunk nicht bange machen lassen. Radio könne – anders als viele andere Gattungen – immer noch Reichweite, Hördauer und Umsätze halten. „Wir müssen im Kundenmarkt mit Engagement zeigen, wie Radio lebt und begeistert.“
So ein Engagement hat er kürzlich bei einer Reise zum US-Audio-Riesen iHeartMedia in New York beobachtet. Dort leben sie „die Magie des Radiostudios“. Musik läuft heute zwar eher bei Streaming-Plattformen, das Wetter checken die Menschen auf dem Smartphone und News sind überall. „Aber das Berühren, die Nähe zu den Menschen: Diese Stärke muss Radio ausspielen.“
Wir müssen den Leuten physisch zeigen, welch großartige Marke und welch großartiges Medium wir sind!
Roland Lehmann, Radio Teddy
Dass 75 Prozent der Werbeerlöse in die Digital Giants fließen, das sei natürlich eine echte Herausforderung. In New York hat Lehmann gelernt, dass die Kolleg:innen in den USA diese Challenge namens Google, Meta oder TikTok annehmen, ihre Funkhäuser aufpolieren und so ihre (potenziellen) Partner begeistern. „Jeden Dienstag um 18 Uhr findet eine Party für Werbekunden statt, um die Welt der Radiostars für sie erlebbar zu machen.“
Radio muss mehr angeben
Sollten junge Mediaplaner nicht mehr daran glauben, dass Radio noch das Werbeumfeld von Morgen ist, dann würden die Manager von iHeart gemeinsam mit diesen Zweiflern in der Rush Hour durch die Stadt touren und darauf hinweisen: Schaut her, die hören Radio!
Radio könne als das „letzte Lagerfeuer-Medium“ viel tun für die werbungtreibende Wirtschaft auf ihrer Suche nach verlässlichen Werbeumfeldern mit großer Reichweite, geringem Streuverlust und hohem Vertrauen. Aus Sicht von Lehmann muss diese Stärke aber besser kommuniziert werden: „Wir müssen mehr mit unseren großen Zahlen wuchern.“

Taugen Abo-Modelle fürs Radio?
Neben der besseren Außendarstellung gilt es, zusätzliche Wege zu finden, wie Radio Geld verdienen kann. In der Corona-Zeit war bei Lehmann und seinem Team die Idee der Radio-Teddy-App entstanden, um den Content besser und auf Abruf zur Verfügung stellen zu können. Hinzu kam ein werbefreier Stream und zusätzliche Inhalte – das Abo-Modell Teddy +. Bilanz von Roland Lehmann: „Es ist ein interessantes Produkt für die Zielgruppe. Man kann einen Teil seiner Hörerschaft binden und begeistern.“
Ob so ein Modell auf andere Sender übertragbar ist, hängt von deren Zielen ab. Vorangehen muss die Frage, was der Sender leistet und wen er anspricht. Bei Teddy liegt der Mehrwert beim werbefreien und kindgerechten Inhalt. Übrigens: Aktuell befragt der bayerische Sender egoFM seine Community, ob und welche Bezahlinhalte für die Hörenden in Frage kommen könnten.