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Die Insel Yap und die Datenketten

Von Katrin Reichwald

Beim Media Date des MedienNetzwerk Bayern „Blockchain – Hype or Hope“ setzten sich Benjamin Eimannsberger, Fachreferent für Digitale Entwicklung und Strategie in der BLM, und Manuel Geitner, Gründer des Start-ups Vivoico, mit der neuen Technologie auseinander. Sie zeigten auf, wo die Potenziale liegen, aber auch, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss – und was Felsbrocken auf einer Insel damit zu tun haben.

Was ist Blockchain?

Yap – eine Insel mitten im Westpazifik. Was Yap mit Blockchain zu tun hat, erklärte Benjamin Eimannsberger. Die Insel eigne sich hervorragend, um zu erklären, wie genau die Blockchain funktioniert. Oder besser gesagt, die Währung, mit der die Inselbewohner über ein Jahrhundert lang ihre Geschäfte abwickelten: Rai.

Die Steinmünzen Rai, mit einem Durchmesser von bis zu 3,6 Metern und einem Gewicht von bis zu vier Tonnen, waren als Zahlungsmittel nicht gerade handlich. Abgebaut wurden sie auf der 400 Kilometer entfernten Insel Palau und nach Yap transportiert. Da es allerdings äußerst unpraktisch gewesen wäre, nach jedem Geschäft den Stein zu seinem neuen Besitzer zu bringen, blieben die Steine an ihrem ursprünglichen Platz. Lediglich das Wissen darüber, wem der jeweilige Stein gehörte, teilten die Inselbewohner untereinander und überführten es in das kollektive Gedächtnis von Yap.

So funktioniert im Grunde auch eine Blockchain: Hier gilt ebenfalls der Grundsatz, dass die Mehrheit recht hat. Genauso wenig, wie ein Inselbewohner also behaupten konnte, dass eine Steinmünze ihm gehöre, ohne mindestens die Hälfte der Bevölkerung auf seiner Seite haben zu müssen, lassen sich durch die dezentrale Anordnung Inhalte der Blockchain stehlen oder verfälschen.

Vertrauenssache

An einem solchen Beispiel, betonte Eimannsberger, werde die Basis der Blockchain sichtbar: Vertrauen. Aber hält die neue Technik tatsächlich, was sie verspricht? Kann sie einer Gesellschaft, die momentan vielmehr mit einem Vertrauensproblem zu kämpfen hat, dieses zurückgeben? Und ist die Blockchain wirklich so sicher, wie sie momentan zu sein scheint?

Wie riskant der Vertrauensvorschuss sein kann, zeigte jüngst ein Start-up aus der Finanztechnologie: Savedroid. Eine nicht mehr erreichbare Website und ein Tweet des Gründers sorgten am 18. April 2018 für Aufregung unter den Investoren: Hatte sich das Start-up mit dem Geld einfach aus dem Staub gemacht? Einen Tag später folgte die Aufklärung durch Gründer Yassin Hankir:  Eine Art Wachrütteln zum Thema ICO und Kryptowährungen sei die Aktion gewesen. Denn: In der Branche gäbe es viele Betrüger dies müsse sichtbar gemacht werden.

Als weiteres großes Thema sprach Eimannsberger den Umgang mit Illegalität an: Was einmal in der Blockchain ist, bleibt auch darin. Was passiert aber zum Beispiel, wenn illegale Inhalte in eine Blockchain geraten? Natürlich sind sie verschlüsselt – der Besitz ist jedoch trotzdem nicht erlaubt. Machen sich somit alle, die die betreffende Blockchain heruntergeladen haben, strafbar?

Problemstellungen wie diese, das betonten sowohl Eimannsberger als auch Geitner, seien natürlich keine Absage an den Nutzen von Blockchain, zeigen jedoch, dass es noch einige Stellschrauben gibt und geben wird, an denen gedreht werden muss.

Wie Blockchain den Medien nützen kann

Für den sinnvollen Einsatz im medialen Bereich kristallisieren sich vor allem folgende Bereiche heraus: Social Network beziehungsweise user generated content sowie Nachrichtenverifikation. Gerade darin sieht Manuel Geitner großes Potenzial – und hatte beim Media Date auch gleich ein Beispiel im Gepäck: Wenn in der Blockchain verifizierte Quellen fixiert werden können, fällt es leichter, falsche Quellen zu enttarnen. Weiter in die Zukunft gedacht: „Browser hätten die Möglichkeit, nichts mehr auszuspielen, was nicht durch eine Datenkette verifiziert ist“, so Geitner.

Der Gründer der Start-ups Vivoico sieht in den Datenketten einen Game Changer, der auch Herausforderungen für Medienhäuser mit sich bringt: Faktchecking oder die Klärung von Bildrechte etwa könnten durch die Blockchain in Zukunft automatisiert ablaufen. Hieße in Folge: Einzelne Journalisten haben die gleichen Möglichkeiten wie ganze Verlage und sind nicht mehr auf deren Infrastruktur angewiesen. Welche Vorteile außer ihrer Marke hätten Publisher also noch gegenüber smarten Nutzern der Blockchain? Schaffen es die Unternehmen, Elemente, die schneller, kostensparend und nutzerfreundlicher sind, aus der Technologie zu übernehmen, bevor neue Player im Markt sie ausbooten?

Fragestellungen wie diese seien noch kein Grund zur Sorge: Denn bis die Blockchain produktiv eingesetzt werden kann – und zwar nicht nur im Medienbereich – werde noch einige Zeit vergehen. Genug Zeit für Unternehmen, sich damit vertraut zu machen, die Entwicklung zu beobachten und Lösungen für eventuelle Hürden zu finden.

Das Media Date in Bildern

Über das Media Date

In monatlich stattfindenden abendlichen Netzwerk-Veranstaltungen bringt das MedienNetzwerk die Medienbranche mit jeweils einer anderen Branche zusammen.

Im ersten Teil sprechen Medienprofis und Experten der jeweiligen Branchen über innovative, digitale und branchenübergreifende Themen. Beim anschließenden Get together kann das Gehörte bei Snacks und Getränken vertieft und weiterdiskutiert werden.

Informationen zum nächsten Media Date erhalten Sie zeitnah auf der Website des MedienNetzwerk Bayern sowie den Social-Media-Kanälen.

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