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Speed-Dating der Kultur

Von Dorin Popa

„Ich mag es total gern. Man hört den Pitch, das Destillat von Stoffen. Und entweder es packt einen sofort – oder nicht. Danach kann man sofort unkompliziert ins Gespräch kommen, kriegt das Buch und kann es abends bereits lesen.“

Dieses Mal wird Jakob M. Erwa gleich mit zwei Eroberungen nach Hause gehen. Der Regisseur und Drehbuchautor hat vor zwei Jahren Andreas Steinhöfels Roman „Die Mitte der Welt“ verfilmt und ist jetzt auf der Suche nach neuen Stoffen.

Und Stoff gab es am 4. Juli 2018 beim vom MedienNetzwerk Bayern unterstützten Vernetzungsformat Book meets Film im Münchner Gasteig genug. 45 Verlage hatten sich mit insgesamt 90 Titeln darum beworben, im Rahmen des Münchner Filmfests am kulturellen Speed Dating mit Erwa und einem ganzen Saal weiterer Drehbuchautoren, Filmproduzenten und Regisseure teilnehmen zu dürfen.

Die zwölf vielversprechendsten Titel, ein Dutzend starke Stoffe vom Kinderbuch über Krimis bis hin zum Schauerroman hat die Jury ausgesucht, der unter anderem Fernsehmanagerin Katharina Behrends (NBC Universal), Regisseur Mark von Seydlitz (made in munich Movies) und Erfolgsproduzentin Uschi Reich („Bibi Blocksberg“, „Die wilden Hühner“) angehörten.

„Das Format ist sehr erfolgreich”, so Dr. Klaus Beckschulte vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der gemeinsam mit dem Verband Druck und Medien Bayern e.V.  einlud. „Hier treffen die Richtigen aufeinander.“

Neues erobern, Altes vertiefen

Und das nicht nur für Neueroberungen. Erwa etwa hat längt schon ein anderes Projekt, eine weitere Buchverfilmung in der Pipeline. Einen Titel des Verlags Friedrich Oetinger, der mit einem völlig anderen Buch auch an Book meets Film 2018 teilnimmt. Aber natürlich nutzen der Regisseur und Oetingers Filmrechte-Managerin Ulrike Düwert das Get-together, um die Details ihres bereits seit längerem angestrebten Deals zu vertiefen.

„München wird immer wichtiger“, so Düwert, „weil hier sehr viele Filmproduzenten sitzen, die man gar nicht alle auf der Berlinale treffen kann.“ Und so ist Düwert auch nicht nur für die Verlagsgruppe Oetinger, einem der wichtigsten deutschen Kinder- und Jugendbuchverlage, vor Ort, sondern für eine ganze Reihe von Verlagen.

Vor zwei Jahren hat Oetinger das Film- und Fernsehlizenzgeschäft ausgegründet und eigenständig als OeFA – Oetinger Filmrechte-Agentur aufgestellt, die andere Verlage vertritt, aber auch die wachsende Anzahl von Autoren, die ihre Filmrechte selber halten. „Wir brauchen auch mehr Stoff, um uns wirtschaftlich zu tragen. Je breiter das Portfolio, desto besser für uns. Wir sind immer offen für neue Verlage und Autoren. Schreiben Sie das!“

 

„Agenten sind Multiplikatoren“, lobt Julia Balogh vom Ueberreuter Verlag den Trend zu den spezialisierten Agenturen. „Ich bin im Verlag alleine für alle Rechte zuständig. Dabei wäre das Filmgeschäft allein ein Fulltime-Job.“ Deshalb hat Ueberreuter diese Nebenrechte der OeFA anvertraut. Auf dem Podium steht Balogh aber selbst, um den von der Jury eingeladenen Titel im 2-Minuten-Pitch vorzustellen. Und Düwert, die an ihrem eigenen Pitch selbst nach der Generalprobe bis zur letzten Minute gearbeitet hat, scheint recht froh zu sein, dass sie nur einmal für Oetinger auf die Bühne muss und nicht auch noch für den ebenfalls von ihr betreuten Ueberreuter-Titel.

Gut Ding will Weile haben

Zwei Minuten auf der Bühne, dann noch das Abchecken beim anschließenden Stehrumchen: Der Funke springt schnell über. Bis zum tatsächlichen Film wird es dann dauern. 2008 stellte der Diogenes Verlag Benedict Wells’ „Becks letzter Sommer“ bei Book meets Film am Filmfest vor. Sieben Jahre später kam dann erst die Verfilmung mit Christian Ulmen in die Kinos.

„Erst gibt es eine Option auf das Buch, dann die erste Verlängerung, dann die zweite Verlängerung. Es dauert ewig“, so Bożena Huser vom Zürcher Diogenes-Verlag. Wenn es denn tatsächlich klappt. Dennoch kommt der legendäre Verlag gern nach München. „Wir melden uns immer an, weil das ein guter Anlass ist, um mit deutschen Produzenten ins Gespräch zu kommen, sich mit ihnen zu vernetzen. Auch für die Backlist.“

Und so liegen zwar nur zwölf Neuerscheinungen aus zwölf Verlagen auf den Stehtischen im Gasteig. Gesprochen und verhandelt wird aber über das Kino von morgen – oder vielleicht auch erst übermorgen.

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