4 Erkenntnisse über die Internet-Disruption – Amy Webb
Von Jacqueline Hoffmann und Katja Schwengler, 16. März 2023
Die weltbekannte Futurologin, Hochschullehrerin und Gründerin des Future Today Institute in New York, Amy Webb, präsentierte beim Tech- und Kulturfestival SXSW in Austin, Texas, ihren Tech Trend Report, in dem sie auf über 800 Seiten in 666 Trends beschreibt, wie Technologie unsere Zukunft verändern wird. Ihre wichtigsten Erkenntnisse haben wir zusammengefasst.
1. Zwei Megatrends: KI-Infrastruktur und leistungsstarke Clouds
Vor allem zwei Megatrends hob Webb hervor: Eine komplett neue Computing-Infrastruktur im Internet – basierend auf Künstlicher Intelligenz (KI) – und leistungsstarke Clouds, die alle Datenmengen, die bis dato und darüber hinaus gesammelt werden, beherbergen können.
In Zukunft würden alle von Menschen erzeugten Daten in jeder Situation, ob der Zoom-Hintergrund beim Meeting, Shopping-, Essens, und Musik-Vorlieben oder sogar der individuelle Geruch, in KI eingespeist werden, um dort ein immer vollständigeres Bild von uns, unserem Verhalten und unseren Gewohnheiten zu zeichnen.
2. Was ist, wenn in Zukunft das Internet uns sucht und nicht wir im Internet?
Es finden sich mehr und mehr Metadaten über uns im Internet. Seit der Anfangszeit des Internets in den 1990er-Jahren wandern immer mehr von Menschen geschaffene Informationen dorthin, bis sie nur noch mittels Suchmaschinen sortiert und gefunden werden können. Am 14. März 2023 veröffentlichte OpenAI ein neues Update ihres derzeit im Fokus der Aufmerksamkeit stehenden Chatbots: ChatGPT-4 soll nun noch klügere Antworten liefern als die Vorgängermodelle. Microsofts Suchmaschine Bing nutzt die Technologie bereits.
3. AISMOSE: KI-Osmose sorgt für Abhängigkeiten
Die vollkommen durch KI durchdrungene Welt nennt Amy Webb AISMOSE, eine Wortschöpfung aus AI für artificial intelligence und Osmose: Sie meint damit ein Wechselverhältnis zwischen Mensch und KI, also eine vollkommen von KI durchdrungene Welt. Dadurch entstünde eine Infrastruktur, die schnell unverzichtbar würde. Um derartige Abhängigkeitsstrukturen zu verhindern, ist Handeln im Hier und Jetzt gefragt. Denn das größere Risiko sei laut Webb, überhaupt nicht zu handeln und sich den neuesten Entwicklungen und deren Auswirkungen zu überlassen.
Webb befürchtet, dass wir auf diese rasanten Entwicklungen nicht vorbereitet sein werden: Behörden würden zu spät mit der Regulierung von KI-Systemen beginnen, Menschen würden permanent durchleuchtet und durch Empfehlungsalgorithmen mit Werbung und nutzlosen Inhalten konfrontiert werden. Es zähle dann nicht mehr, was wir suchen, sondern was uns verkauft werden kann.
4. Lichtblicke bieten dezentrale Strukturen und das Medical Metaverse
Abgewendet werden könne dieses negative Szenario vor allem, wenn die KI-Weiterentwicklung im Sinne der User vorangetrieben wird, basierend auf Transparenz, Offenheit und einer dezentralen Infrastruktur, die nicht nur von einigen wenigen Unternehmen kontrolliert wird.
Interessante Anwendungen sieht Amy Webb zudem beim industriellen Metaverse: So könnte beispielsweise das Gesundheitswesen durch den Einsatz des „Medical Metaverse“ drastische Verbesserungen erfahren. Durch Technologien wie Datenbrillen, neue Sensoren, Extended Reality (XR) und KI könnten digitale Assistenzsysteme entstehen, die zu verbesserten organisatorischen oder administrativen Abläufen und Operationen in der Medizin beitragen könnten.