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Metaverse goes Mediaverse?

Von Magnus Gebauer

Bereits im Jahr 2020 war das „Metaverse“ oder zu Deutsch „Metaversum“ eines der viel diskutierten Buzzwords der Tech-Szene. Aktuell hat der Begriff ein neues Level an Bekanntheit erreicht und den Weg in die breite Öffentlichkeit gefunden. Im aktuellen Netzwerkwissen zeigen wir, warum der Trend für Medienunternehmen so spannend ist.

Verantwortlich ist die Ankündigung von Mark Zuckerberg, Facebook zu einer „Metaverse Company“ umzubauen. In einem vielbeachteten Interview mit „The Verge“ Ende Juli 2021 gab er zudem an, man könne sich das Metaverse als den „Nachfolger des mobilen Internets“ vorstellen. Mit dieser Begeisterung ist Zuckerberg nicht allein. Auch andere große Tech-Konzerne setzen auf die Möglichkeiten, die ein sogenanntes Metaverse als das Next-Level-Internet bieten könnte.   

Was ist das Metaverse?

Der Begriff Metaverse stammt aus dem 1992 erschienen Science-Fiction-Roman „Snow Crash“. Dort stellt es einen virtuellen Raum dar, in dem sich Personen als „Avatare“ bewegen und interagieren. Anknüpfend an diese Idee schwebt es führenden Tech-Enthusiasten schon länger vor, ein Metaverse zu schaffen, in dem sich das heutige Internet, virtuelle Welten und Möglichkeiten aus der realen Welt miteinander verbinden. Das Konzept in einem Elevator Pitch zu beschreiben ist alles andere als einfach, zumal es verschiedene Szenarien möglicher Metaversen gibt. Wer sich genauer mit den Hintergründen, Ausprägungen und Möglichkeiten des Metaverse auseinandersetzen möchte, dem sei der ausführliche Essay „The Metaverse: What It Is, Where to Find it, Who Will Build It, and Fortnite“ von Matthew Ball ans Herz gelegt.

Eine Schwachstelle hat das Metaverse allerdings: Bisher gibt es keinen derartigen virtuellen Raum – was es jedoch gibt, sind spannende Ansätze und Entwicklungen.

Warum der Hype und was hat das mit Medien zu tun?

Expert:innen sehen in einem Metaverse einen milliardenschweren Zukunftsmarkt und vergleichen das derzeitige Stadium mit den absoluten Anfängen des Internets, in dem nun innovative Unternehmen das Fundament für zukünftigen Erfolg legen können. Erste Prototyp-Metaversen lassen sich in der Gaming-Welt beobachten. Spiele wie Fortnite und Minecraft oder die Online-Spieleplattform Roblox zeigen bereits eindrücklich, welche Möglichkeiten sich für Nutzer:innen ergeben, aber auch für Medien, Marketing und Künstler:innen. Selbst wenn es sich bei diesen Spielen beziehungsweise Plattformen nicht um ein wirkliches Metaverse handelt, verbinden sie diverse Aspekte eines solchen miteinander und sind eine Spielwiese für kreative Konzepte.  

In den kommenden Jahren werden Filmschaffende, Künstler:innen und Kreative immer mehr entdecken, was in Metaverse-ähnlichen Welten alles möglich ist. Die Relevanz und Akzeptanz dieser Art von real-virtueller Umgebung wird sich weiter festigen. Durch das Metaverse und verwandte virtuelle Welten wandelt sich die Art und Weise, wie Nutzer:innen spielen, einkaufen, Medien nutzen und miteinander interagieren. 

Vier wesentliche Aspekte, warum Metaversen für Medienunternehmen relevant sind: 

  1. Immersive Erlebnisse: Das Abtauchen der Nutzer:innen in ein Metaverse bietet die Möglichkeit, dass Medienmarken ihre gebrandeten Content-Welten in diese immersiven Umgebungen integrieren können.  
  2. Junge Zielgruppen: Die aktuellen Spieleumgebungen und Plattformen gehören gerade bei der jungen Generation zum gelebten Alltag und ermöglichen einen frühzeitigen Zugang zu dieser Zielgruppe, gerade wenn man diese nicht mehr über klassische Kanäle erreicht. 
  3. Neue Creator-Generation: In Metaversen wird eine neue Creator-Generation entstehen, die mit frischen und kreativen Inhalten auf sich aufmerksam machen wird. 
  4. Neue Produkte und Vermarktungswege: Medienmarken eröffnet sich durch virtuelle Items, Produkte, Events und Lizenzverkäufe ein völlig neuer Markt und damit eine zusätzliche Erlösquelle. 

Der Blick auf aktuelle Praxisbeispiele aus der Medienwelt verdeutlicht die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.

Bewegtbild meets Metaverse Experience

Die Film- und Fernsehwelt experimentiert derzeit mit verschiedenen Ansätzen, um ihre Inhalte mit virtuellen Metaverse-Welten zusammenzubringen. Bereits im Februar präsentierte Fortnite das „Short Nite Filmfestival“, bei dem für 24 Stunden animierte Kurzfilme aus diversen Ländern auf der Großbildleinwand von Party Royale – der Partyinsel im Fortnight-Universum – gezeigt wurden. Im Juli fand die Aktion mit neuen Kurzfilmen erneut statt, darunter eine Weltpremiere der neuesten Episode von Gildedguy.

Gildedguy Premiere bei der Short Nite 2 in Fortnite | Quelle: https://www.epicgames.com/fortnite/de/news/short-nite-2-watch-web-shorts-on-the-big-screen-in-fortnites-party-royale

Neben dem Streamen von Bewegtbildinhalten in den virtuellen Welten, wurden auch schon ganze Film- und Serienwelten in die Metaversen integriert. Warner Bros.etwa feierte den Start des Films „In the Heights“ mit einem Event auf Roblox. Filmfans konnten in der virtuellen Blockparty die Film-Nachbarschaft der Hauptfigur kennenlernen und sogar an einem am Film inspirierten „Flash Mob“-Tanz teilnehmen. Ein weiteres Beispiel findet sich im auf der Blockchain basierenden The Sandbox-„Metaverse“, das um eine thematisch an der Serie „The Walking Dead“ orientierten Welt erweitert wird. Spieler:innen können in die Serienwelt eintauchen und sich kostenpflichtig mit virtuellen Items aus der Serie ausstatten.

Einen anderen vielversprechenden Ansatz wählte der britische Fernsehsender ITV, der die Fernsehshow „The Void“ als In-Game Version in Fortnite Creative erstellte. Fortnite-Spieler haben seit Juli 2021 die Möglichkeit, das Gameshow-Feeling als virtuelle Teilnehmer selbst zu erleben. ITV plant, das Konzept auch auf andere TV-Formate auszuweiten.

Bild: Fernsehshow „The Void“ als In-Game-Erlebnis

Erfolg auf der virtuellen Konzertbühne

Für Künstler:innen lohnt sich besonders ein Blick auf virtuelle Konzerte. Im April 2020, also zu Beginn der Corona-Einschränkungen, kooperierte Fortnite mit dem Rapper Travis Scott und stellte mit dem Künstler das In-Game-Konzertevent „Astronomical“ auf die Beine.  Laut Epic Games sahen sich über 12,3 Millionen Spieler gleichzeitig die fünfzehnminütige Konzertpremiere an – ein Rekord, der sich auf dem Einschaltquoten-Niveau eines Spitzen-Tatorts bewegt. Auch andere Künstler:innen wagen den Schritt ins Metaverse. Im März spielte das britische Rock Duo „Royal Blood“ ein virtuelles Konzert auf Roblox. Ariana Grande gab Anfang August im Rahmen der Rift Tour fünf exklusive Fortnite-Auftritte zum Besten.

Bild: Ariane Grande Konzert in Fortnite

Ansprache neuer Zielgruppen mit Metaverse Marketing

Für Marken und Marketingtreibende bieten die Metaverse-Welten ebenfalls völlig neue Ansätze. Zum einen wird es möglich, eine junge Zielgruppe zu erreichen, zum anderen bieten die Plattformen viel kreatives Potenzial für Agenturen. Darüber hinaus werden die Plattformen zu Marktplätzen und können so als Einnahmequelle für virtuelle Items (Gegenstände) genutzt werden. Auch klassisches Brand Building lässt sich realisieren. Ein Beispiel aus der Modebranche: Gucci erweitert die Marketingaktivitäten auf Roblox. Mit einer zweiwöchigen virtuellen Kunstinstallation soll das Markenbewusstsein bei den sehr jungen Kund:innen gestärkt werden.

Bild: Gucci Garden in Roblox

Entwicklungen am Standort Bayern

Metaverse-Entwicklungen entstehen nicht nur im Silicon Valley. Vielmehr ernten die aktuellen Vorstellungen und Bemühungen der „Big Tech“-Unternehmen wie Facebook sogar Kritik aus der Szene – zu kommerziell, zu wenig transparent, zu unkreativ. 

In Bayern gibt es eine Vielzahl an Unternehmen, die relevante Arbeit leisten, um an der Entstehung und Entwicklung des Metaverse mitzuwirken – von Anbietern virtueller Kollaborationsplattformen, VR-Studios, Unternehmen aus dem Bereich Geolocated AR Experiences bis hin zu industriellen Lösungen aus dem Bereich Digital Twins. Mit dem XR HUB Bavaria verfügt der Medienstandort Bayern über Expert:innenwissen und Praxiskompetenz zu allen wichtigen Elementen, die in Bezug auf das Thema Metaverse eine Rolle spielen. Das Team des XR HUB Bavaria entwickelte bereits eine eigene Vision des Metaverse. Mit dem Format XR Spaces können diverse virtuelle Räume besucht werden, die über Mozilla Hubs und Spoke erstellt wurden und inhaltlich exklusiv von der eigenen Community gestaltet werden. Ein Beispiel im medialen Kontext ist das Kooperationsprojekt mit dem Staatstheater Augsburg. Die szenische Lesung „Vernehmungsprotokolle“ versetzte die Zuschauer:innen in eine VR-Erlebniswelt, in der für sie die virtuell nachempfundene Gefängniszelle von Jürgen Fuchs als Lesung erlebbar gemacht wurde. Weitere künstlerische und gesellschaftsrelevante Projekte im Metaverse wurden im Rahmen des Digitaltag 2021 im Juni 2021 vorgestellt.

Virtuelle szenische Lesung „Jürgen Fuchs: Vernehmungsprotokolle“ | Quelle: https://xrhub-bavaria.de/juergen-fuchs-vernehmungsprotokolle/

Marktentwicklungen 

Konkrete Marktzahlen zum Thema Metaverse gibt es bislang keine. Ein Blick auf relevante Technologien wie Augmented Reality, Virtual Reality oder Mixed Reality lassen jedoch schnell erkennen, dass es in den nächsten Jahren ein außerordentliches Wachstum geben wird. Allein bis 2024 rechnen Experten fast mit einer Verzehnfachung der Marktgröße zum heutigen Stand. 

Quellen:

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