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Im Wettbewerb um das Publikum: Was die Radiobranche wirklich braucht

Von Pauline Herrle, 20. März 2024

Welche neuen Strategien und Mechanismen sind in der Radiobranche wichtig, um neue Zuhörer:innen zu aggregieren? Genau diese Frage stellten sich Cilla Benkö, Generaldirektorin des Sveriges Radio, Jean Philip De Tender, Generaldirektor bei EBU, Guy Fränkel, Geschäftsführer von ROCK ANTENNE, Charles Emmanuel Bon, Generalsekretär von Radio France und Matthias Pfaff, CDO bei Regiocast, bei den Radiodays Europe 2024 in München. Dabei gaben sie mögliche Lösungsvorschläge, wie sich Medienschaffende im Audiobereich in einer sich schnell verändernden Welt beweisen können.

Die größte Herausforderung, der die Radiobranche gerade ins Auge blickt, ist der Wandel von einer Radiowelt hin zu einer Audiowelt – also, dass das lineare Radio als einzelnes Medium nicht mehr genügt, sondern auch digital über weitere Kanäle vertreten sein muss. „Das ist heute ein ganz anderer Wettbewerb für die Radiobranche“, so Cilla Benkö. Was früher einmal ein Wettbewerb unter den verschiedenen Radiosendern war, ist heute ein Wettbewerb unter vielen anderen Medienschaffenden im Audiobereich, wie beispielsweise mit Podcaster:innen. 

Crossmediales Arbeiten von großer Bedeutung

Um als Radiosender im heutigen Audio-Angebot hervorzustechen, sei es wichtig, eine klare Linie zu fahren, so Charles Emmanuel Bon. „Es ist von großer Bedeutung, sich vorher eine genaue Strategie zu überlegen“, sagte Matthias Pfaff. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass diese individuell auf die eigene Marke abgestimmt und nicht von anderen Medienschaffenden abgeschaut wird. Wichtig ist außerdem, nicht nur eingleisig zu fahren, sondern mehrere Programme gleichzeitig anzubieten. „Es reicht nicht mehr aus, nur eine Sache zu machen – wir müssen alle Kanäle gleichzeitig bespielen“, so Bon. So habe man mehrere Touchpoints, an denen man mit neuen Zielgruppen in Kontakt kommen kann.

Es reicht nicht mehr aus, nur eine Sache zu machen – wir müssen alle Kanäle gleichzeitig bespielen.

Charles Emmanuel Bon

Kreativität spielt gleichzeitig eine wichtige Rolle. „Gerade um auch jüngere Gruppen ansprechen zu können, müssen kreative Formate entwickelt werden“, so Jean Philip De Tender. Daher ist es von großer Bedeutung, den kreativen Köpfen im Unternehmen Richtungen vorzugeben, aber sie trotzdem nicht durch Vorgaben einzuschränken – nur so können neue Ideen ausgetestet und etabliert werden.

Kreativität durch Innovation

In diesem Zusammenhang kommt aber oft auch das Problem der fehlenden finanziellen Mittel für die Sender ins Spiel. Charles Emmanuel Bon hat dazu eine klare Meinung: „Kreativ zu sein, ist nicht teuer“. Innovation sollte durch das Unternehmen schon in der Führung unterstützt und somit Offenheit für Neues vertreten werden. Um im Hinblick auf Veränderungen und Entwicklungen immer am Zahn der Zeit zu bleiben, nannte Cilla vier wichtige Aspekte, die immer im Blick gehalten werden sollten:

  1. Marktbeobachtung: Was macht die direkte Konkurrenz?
  2. Publikum: Welche Bedürfnisse haben die Zuhörer:innen und was erwarten sie von der Marke?
  3. Gesellschaft: Welche Veränderungen spiegeln sich gerade in der Gesellschaft wider und welche Rolle spielt dabei das eigene Medium?
  4. Neue Technologien: Welche Technologien können unterstützen und welche könnten eine Bedrohung für die eigene Arbeit sein?

Fokussiert man sich auf diese Aspekte, so kann stetig Wissen aggregiert werden, das mitunter bei der Erstellung von neuen Inhalten für bestimmte Zielgruppen helfen kann.

Shareable Content und Events als Lösung

Was aber kann man gezielt tun, damit potenzielles Publikum auf neue Kanäle und Programme der Radiosender aufmerksam wird? Matthias Pfaff hat dazu eine eindeutige Antwort: „It’s all about the content“. Dabei seien Cross Promotions mit einem guten Storytelling ein effizienter Bestandteil. Zudem sollte darauf geachtet werden, Inhalte zu produzieren, die dann auch noch shareable sind, also so interessant, dass Menschen sie mit ihrer eigenen Community teilen wollen.

It’s all about the content!

Matthias Pfaff

Laut Cilla Benkö können auch Events eine gute Strategie sein, um ein neues Publikum zu aggregieren und auf die eigene Marke aufmerksam zu machen. „Besonders auf dem Land finden solche Events großen Anklang“, sagte sie. Mit prominenten Gästen, Live-Musik und der Möglichkeit interessante Menschen kennenzulernen, kann ein solches Event große Reichweite schaffen – ganz nach dem Motto: „Schau was du hast, auf was du stolz bist und zeige es – auch außerhalb der Studiomauern in der Großstadt“. Wichtig sei es zudem laut Guy Fränkel, nicht nur ein Event zu organisieren, sondern gleichzeitig durch das Event ein Netzwerk zu schaffen, wo sich Menschen miteinander verbinden und austauschen können. „Hier können unsere Hörer:innen direkt mit uns Audio-Schaffenden in Kontakt treten“, sagte der Geschäftsführer von ROCK ANTENNE.

Medienunternehmen müssen heute auch Tech-Unternehmen sein

Auch neue Technologien sind Bestandteil der stetigen Veränderungen in der Gesellschaft. Wie sollten Radiosender bestmöglich darauf reagieren? „Wir sind heute nicht mehr nur Medienunternehmen, sondern Medien- und Tech-Unternehmen“, so Cilla Benkö. Essentiell dafür sei es, die richtigen Fachpersonen zu haben, die einschätzen können, welchen Mehrwert der Einsatz einer Technologie für die Marke haben kann – denn nicht jede neue Technologie habe einen Mehrwert für die Sender.

Wir sind heute nicht mehr nur Medienunternehmen, sondern Medien- und Tech-Unternehmen.

Cilla Benkö

Ein Blick in die Zukunft zeigt Einigkeit bei den verschiedenen Vertretern der Radiobranche: Sie wollen unter anderem durch Kooperationen und neue Plattformen ortsunabhängig arbeiten können und dabei näher an das Publikum heranrücken – die Weichen in den Medienunternehmen sind also bereits in die richtige Richtung gestellt.

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