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Medientrends 2024: Short Content meets Social Boomers

Short Content meets Social Boomers

Der emotionale Shortcut ist ein Megatrend bei der älteren Zielgruppe


von Liza Marie Heuring, 19.01.2024

Kurz, kürzer, TikTok: Gerade mal sieben Sekunden dauern die meistgesehenen Kurzvideos auf der derzeit kommerziell erfolgreichsten Social Media App – und scheinen damit genau den Bedürfnissen der User:innen zu entsprechen. Dabei ist deren Aufmerksamkeitsspanne sogar noch deutlich kürzer, wie die Studie „Die magischen 2,5 Sekunden – Media Attention Benchmark“ des Berliner Marktforschungsinstitut eye square zeigt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass 62 Prozent der Menschen nach 2,5 Sekunden Betrachtungsdauer wieder weg sind. Short Content, also kompakter Inhalt, in Form von kurzen Online-Videos, ist daher einer DER wichtigsten Trends im Social-Media-Marketing und Plattformen wie TikTok, Instagram Reels, X (Twitter) und YouTube Shorts konkurrieren mit ausgefeilten Algorithmen und immer kürzeren Formaten um Nutzer:innen. 

Der Short-Video-Boom passt zu den laut Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LKF) in 2023 in Deutschland stark gestiegenen Zahlen von Videoveröffentlichungen und deren Abrufen. Hauptausspielwege sind dabei YouTube (71 Prozent) und TikTok (70 Prozent), während sich Instagram im Vergleich zu den beiden Erstgenannten im Abwärtstrend befindet. In Deutschland konnte TikTok 2023 als einzige Plattform seine monatliche Nutzungszeit noch steigern. Auch die Welt der Sport-Medien wird zunehmend vom Short-Video-Boom beeinflusst. In den USA gaben 2023 19 Prozent mehr Menschen an, Sport-Highlights auf Social-Media-Plattformen anzuschauen, als im Vorjahr. Damit sind Sport-Highlights, meist im Short-Video-Format, dort das am stärksten wachsende Inhalteformat in Social Media. Doch wer glaubt, dass Short Content nur die Generationen Y bis Z begeistert, irrt – und übersieht ein enormes Umsatzpotenzial. Denn das schnelle Scrollen durch die Timeline ist nicht mehr nur Teens und Twens eigen: zunehmend kommt auch eine ältere, finanzstarke Zielgruppe, die so genannten Social Boomer (abgeleitet von Baby Boomer), auf den Geschmack der kurzen Content-Formate. 

Short Content: Sport
Die Welt der Sport-Medien wird zunehmen vom Short Content Trend beeinflusst. | Quelle: GWI Connecting The Dots: Consumer Trends 2024

Steigt an: Social Media-Nutzung der Boomer


Die Social Boomer, geboren etwa Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre, sind nicht nur die am schnellsten wachsende Demographie auf YouTube, sie haben 2023 auch TikTok für sich entdeckt. Mit 57 Prozent Zuwachs gewinnt TikTok unter den Social Boomern deutlich stärker an Beliebtheit als andere soziale Netzwerke. Nach Facebook, Instagram und X (Twitter) landet Tiktok damit auf Platz 4 der liebsten Social-Media-Apps der Nutzer:innen (außerhalb Chinas), die zwischen 1958 und 1963 geboren sind. Social Boomer wollen unterhalten werden, sich informieren und neue Dinge lernen. Während ihre tägliche Screentime ansteigt, beginnen sie vermehrt auch Influencer:innen und Brands zu folgen – oder selbst zu solchen zu werden. Im harten Kampf um Aufmerksamkeit müssen Content-Creator:innen dem Paradigmenwechsel der visuellen Aufmerksamkeitsfenster daher Folge leisten und in immer kürzeren Clips starke emotionale Reaktionen hervorrufen. TikToks neuester Hit „Sludge Content“, bei dem mithilfe von Split-Screens mehrere Kurzvideos parallel gezeigt werden, ist daher nur eine logische Konsequenz des Ringens um die Gunst der Zuschauer:innen. Zu schnell droht die Ablenkung durch konkurrierende Inhalte oder den Second- und Third-Screen, den auch die Boomer längst besitzen. 

Short Content und Social Boomer
Social Boomer weltweit haben Tiktok für sich entdeckt. | Quelle: GWI Connecting The Dots: Consumer Trends 2024

TikTok und Co: Wer in Bayern ist schon dabei?


Die Mehrzahl der Social Boomer bewegt sich auf den Short-Content-Plattformen derzeit noch als Zuschauer:innen. Aber natürlich gibt es auch in ihrer Altersklasse Voreiter:innen, die selber sehr erfolgreich Clips produzieren. So betreibt der Wahlmünchner Kai Pflaume (geb. 1967), nicht nur enorm reichweitenstarke Kanäle auf YouTube und Instagram, sondern hat auch bei TikTok inzwischen eine sechsstellige, treue Follower. Ob er nun Witze reißt, Klimmzug-Challenges absolviert oder charmant Werbung für eine Fluggesellschaft macht – seine Kurzvideos werden teilweise über eine Millionen Mal geklickt. Ebenso humorvoll, aber etwas politischer geht es auf den Kanälen des in München lebenden Staatssekretär a.D. Thomas Sattelberger (geb. 1949) zu, dem bei TikTok rund 147.000 Fans folgen. Mit seinem 15-Sekünder „Was ihr denkt, was ich im Bundestag mache“, hat er dort ebenfalls die Millionengrenze an Views geknackt. 

Auch in immer mehr Redaktionen ziehen Short-Content-Spezialist:innen ein: Sowohl BR24 als auch die Augsburger Allgemeine bieten auf ihren TikTok-Accounts kluge Kurzvideos mit Faktenchecks und Einschätzungen der aktuellen Nachrichtenlage. Und wer modisch kurz und gut informiert sein will, kann der Burda-Zeitschrift InStyle bei TikTok folgen oder auch deren ehemaliger Chefredakteurin Annette Weber, die mit Anfang 60 eine Zweitkarriere als Influencerin hinlegt (286.000 Instagram-Follower). Kurzum: Short Content, wie ihn aktuell vor allem TikTok und YouTube bieten, gehört die Zukunft. Auch Medienhäuser, die ältere Generationen ansprechen, sollten daher hier keine Scheu haben. Denn die Social Boomer sind auf diesem Plattformen nicht nur zunehmend unterwegs, sondern nehmen dort auch vermehrt Shopping-Funktionen in Anspruch – eine bei dieser bekanntermaßen sehr kaufkräftigen Alterskohorte durchaus vielversprechende Entwicklung.  

 

Quellen & nützliche Links:


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